Posts Tagged ‘ALG II’

L 7 AS 62/08 – Darlehen von Verwandten ist kein Einkommen

Donnerstag, März 5th, 2009

Ein zinsloses, eindeutig rückzahlbares Darlehen von Verwandten mindert nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II). Wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied (Urteil veröffentlicht am 9. Februar 2009, AZ: L 7 AS 62/08), zählen derartige Darlehen auch dann nicht als Einkommen, wenn das Geld für verschiedene Anschaffungen ausgegeben wird.

Geklagt hatte eine Hartz-IV-Empfängerin, deren Onkel 1500 Euro «als Darlehen» auf ihr Konto überwiesen und in einem Brief ausdrücklich die Rückzahlung innerhalb von sechs Monaten verlangt hatte. Während die Behörde davon ausging, dass das Darlehen nur vorgetäuscht war, werteten die Richter die «schnelle und unbürokratische Hilfe als Ausdruck intakter verwandtschaftlicher Verhältnisse». Einen formalen Darlehensvertrag könne die Behörde nur dann einfordern, wenn es begründete Zweifel daran gebe, dass die Klägerin das Darlehen tatsächlich zurückzahlen müsse.

Quelle: ad-hoc-news.de – 26.02.2009 – Von ddp.djn/rog/nas
Link zum Pressebericht: : www .ad-hoc-news.de/darlehen-von-verwandten-ist-kein-einkommen–/de/Wirtschaft-Boerse/Marktberichte/20072195

Biallos Ratgeber Wohngeld: Antrag lohnt sich derzeit mehr denn je

Mittwoch, März 4th, 2009

Aachen. Kaum noch Überstunden, Kurzarbeit, Entlassungen – die Krise macht sich inzwischen bei vielen Arbeitnehmern bemerkbar. Wenn das Einkommen sinkt, springt häufig das Wohngeldamt mit einem (höheren) Mietzuschuss ein.

«Sechs Monate lang wird bei uns nun pro Woche drei Stunden weniger gearbeitet. Unter dem Strich bekomme ich 160 Euro im Monat weniger», berichtet Ernst M., der bei einem Autozulieferer in Berlin beschäftigt ist. Ähnlich wie ihm geht es derzeit vielen Arbeitnehmern. Positiv für die Betroffenen: Seit Anfang 2009 gelten beim Wohngeld günstigere Regeln.

Rechtsanspruch: Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zur monatlichen Miete oder den Ausgaben für ein selbst bewohntes Eigenheim. Es wird – bei Bedürftigkeit – zumeist für einen Zeitraum von zwölf Monaten bewilligt und kann dann immer wieder erneut beantragt und somit zeitlich unbegrenzt gezahlt werden.

Regeln: Ob und wie viel staatlicher Wohnzuschuss einem zusteht, hängt ab von der Größe des Haushalts, dem Mietniveau am Wohnort dem Haushaltseinkommen. Beziehen Mieter oder Eigentümer Arbeitslosengeld I oder Krankengeld, haben sie oft Anspruch auf die Leistung. Das Gleiche gilt auch für Beschäftigte mit unterdurchschnittlichem Haushaltseinkommen.

Ernst M. beispielsweise verdient nun monatlich 2700 Euro brutto. Dazu bekommt er für seine drei Töchter Kindergeld. Dieses wird jedoch beim Wohngeld nicht angerechnet. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Bei einer Kaltmiete von 640 Euro steht der Berliner Familie jetzt monatlich 106 Euro Wohngeld zu. Damit wird das Minus beim Lohn zumindest teilweise ausgeglichen.

Ein Antrag auf Wohngeld kann sich für Durchschnittsfamilien mit drei Kindern bis zu einem Einkommen von 3190 Euro lohnen. Bei zwei Kindern sind es 2790 Euro. Diese Werte gelten für Regionen mit sehr hohen Mieten – etwa für München und Stuttgart. In ländlichen Regionen gelten niedrigere Sätze. Antragsteller können vorab ihren voraussichtlichen Wohngeldanspruch unter biallo.de/wohngeldrechner kalkulieren.

Werbungskosten: Wer, etwa wegen eines weiten Wegs zur Arbeit, hohe Werbungskosten hat, für den kann sich der Wohngeldantrag auch bei höherem Einkommen noch auszahlen. Wichtig: Auch steuerlich anerkannte Kinderbetreuungskosten, wie etwa Kindergartengebühren, mindern das beim Wohngeld anrechenbare Einkommen.

Niedrige Hürden: Das Wohngeld ist eine Leistung mit niedrigen Hürden. So prüfen die Ämter nicht, ob das Auto oder die Größe und Ausstattung der Wohnung angemessen sind. Auch nach Ersparnissen und Vermögen wird in den – regional unterschiedlichen ö Wohngeldanträgen in der Regel nicht gefragt. Ebenso muss niemand seine Rücklagen fürs Alter offenlegen. «Erhebliches Vermögen» steht allerdings – so die Wohngeldbroschüre des Bundesbauministers – einem Wohngeldanspruch entgegen.

Verzicht auf Arbeitslosengeld II: Viele Menschen, die in finanziellen Nöten sind, beantragen ungern Hartz IV. Sie können aber gegebenenfalls auch auf ALG II verzichten und stattdessen Wohngeld beantragen. Unter Umständen haben sie dann zwar einige Euro weniger zur Verfügung – sie entgehen aber der umfassenden Kontrolle durch die Ämter.

Rechtzeitig Antrag stellen: «Im Zweifel lieber früher als später einen Antrag stellen», sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Wohngeld gibt es nämlich erst ab dem Monat der Antragstellung. Wer noch vor März 2009 Wohngeld beantragt und bewilligt bekommt, erhält übrigens zusätzlich noch eine Sonderzahlung: einen einmaligen Heizkostenzuschuss für den Winter 2008/09.

Quelle: az-web.de – 22.02.2009 – Von Rolf Winkel und Horst Biallo
Link zum Pressebericht: www .az-web.de/geld/ratgeber-detail-az/816192?_g=Biallos-Ratgeber-Wohngeld:-Antrag-lohnt-sich-derzeit-mehr-denn-je

Ein Recht auf 50 Quadratmeter München

Mittwoch, März 4th, 2009

Bundessozialgericht: Auch in teuren Großstädten steht Hartz-IV-Empfängern nicht weniger Wohnfläche zu
Muss sich ein Langzeitarbeitsloser in einer Großstadt wie München, wo die Mieten hoch sind, mit weniger Wohnfläche zufrieden geben als ihm nach landesrechtlichen Vorschriften in Bayern zuständen? Die für den Vollzug der Hartz-IV-Gesetze zuständige Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München (Arge) hatte ihre niedriger angesetzte Grenze damit begründet, dass aufgrund der überdurchschnittlich hohen Immobilienpreise in München auch Menschen mit gutem Einkommen in der Landeshauptstadt mit kleineren Wohnungen, als anderswo bezahlbar wären, vorlieb nehmen müssen.

Diesem durchaus nachvollziehbaren Argument aber vermochte der 4. Senat des Bundessozialgerichts nicht zu folgen und verwies die Klage eines Betroffenen zur erneuten Verhandlung zurück ans Landessozialgericht. Die Arge will erst die schriftliche Begründung abwarten, bevor sie Konsequenzen für die Übernahme von Mietkosten zieht.

Ein 63-jähriger alleinstehender Langzeitarbeitsloser, der eine 56 Quadratmeter große Mietwohnung mit zwei Zimmern bewohnt, bekam zunächst die Kaltmiete in Höhe von 521,52 Euro von der Arge bezahlt. Doch nach Auffassung der Arge war diese Miete insgesamt zu hoch. Im Sozialgesetzbuch II ist festgelegt, dass die Arge “Leistungen für Unterkunft und Heizung” nur in der Höhe bezahlen darf, wie sie “angemessen” ist. Höhere Beträge dürfen nur übernommen werden, so lange es dem Betroffenen nicht möglich oder zumutbar ist, die Kosten zu senken, “in der Regel jedoch längstens für sechs Monate”, heißt es im Gesetz.

Die Arge forderte den Mann deshalb auch auf, sich um eine Senkung der Mietkosten zu bemühen, etwa indem er sich eine neue, billigere Wohnung oder einen Untermieter sucht. Weil der Mann entsprechende Bemühungen nicht ausreichend belegt hat, kürzte die Arge nach sechs Monaten schließlich die für die Miete ausbezahlte Leistung um rund 92 Euro. Nach Auffassung der Arge stünden dem alleinstehenden Mann maximal 45 Quadratmeter Wohnfläche zu. In erster Instanz bekam die Arge Recht.

Der 4. Senat des Bundessozialgerichts kritisierte nun aber in deutlichen Worten, dass die “angemessene Wohnungsgröße” nicht in einer Verordnung bundesweit einheitlich festgelegt ist (Az: B 4 AS 30/08 R). Bei der Bestimmung der angemessenen Größe sei mangels anderer Anhaltspunkte deshalb “bis auf Weiteres von den landesrechtlichen Ausführungsvorschriften zur Wohnraumförderung auszugehen”, verlangt das Bundessozialgericht. Nach den in Bayern gültigen Verwaltungsvorschriften gilt für Alleinstehende eine Sozialwohnung mit bis zu 50 Quadratmetern Wohnungsgröße als angemessen. “Die generelle Beschränkung auf 45 Quadratmeter seitens der Arge München widerspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts”, urteilte der Senat.

Dennoch erging keine abschließende Entscheidung in dem Rechtsstreit. Dem Landessozialgericht gab der Senat auf, zu ermitteln, welcher Quadratmeterpreis für Wohnungen im unteren Mietsegment angemessen ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Wohnungskosten bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern dann insgesamt als “angemessen” einzuschätzen, wenn die Kosten nicht mehr betragen als das Ergebnis der Multiplikation von angemessener Wohnfläche (also 50 Quadratmeter) mit dem ortsüblichen Quadratmeterpreis. Für den Einzelfall bedeutet dies, dass es für die beiden Faktoren keine starren Grenzen gibt: Ein paar Quadratmeter mehr müssen also nicht unbedingt zur Kürzung seitens der Arge führen – falls dies im Endeffekt durch einen entsprechend niedrigeren Quadratmeterpreis ausgeglichen wird.

Quelle: sueddeutsche.de – 23.02.2009 – Von Sven Loerzer
Link zum Pressebericht: www .sueddeutsche.de/753382/034/2770013/Ein-Recht-auf-50-Quadratmeter-Muenchen.html