Posts Tagged ‘Wohngeld’

L 14 KG 5/08 – Kinderzuschlag nach § 6a BKGG

Montag, August 3rd, 2009

Mit Urteil vom 24.02.2009 – L 14 KG 5/08, stellt das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ausdrücklich fest, dass Zweck der Gewährung des Kinderzuschlages nach den Bestimmungen des Bundeskindergeldgesetzes ausschließlich die Deckung des notwendigen Bedarfs der Kinder sei, nicht aber ein höheres Einkommen für die Eltern oder ein Elternteil erreicht werden soll, obwohl Leistungsempfänger nicht das Kind, sondern ein Elternteil ist.

Vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erstrebte die Klägerin die Gewährung eines Kinderzuschlages durch den Beklagten. Die Klägerin ist Mutter ihrer 2007 geborenen Tochter, mit der sie allein zusammenlebt. Die Klägerin ist Studentin und bezieht weder Leistungen nach dem BAföG noch Leistungen nach dem SGB II. Für die Tochter der Klägerin zahlt der Vater Unterhalt in Höhe von 160 Euro. Den von der Klägerin gestellten Antrag auf Kinderzuschlag lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, das Kind verfüge über Einkommen, das die Höhe des Kinderzuschlages erreiche. Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie sieht in der Ablehnung ihres Antrages eine Benachteiligung alleinerziehender Mütter oder Väter, da in diesen Fällen tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen häufig vorliegen würden, was bei zusammenlebenden Partnern nicht der Fall sei.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Kinderzuschlages. Der Kinderzuschlag, der höchstens 140 Euro monatlich betrage, mindere sich um das nach §§ 11 und 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen des Kindes (§ 6a Abs. 3 Satz 1 BKGG). Aufgrund des an die Tochter der Klägerin gezahlten Unterhalts in Höhe von 160 Euro verbliebe daher, so der Senat, kein zu zahlender Betrag. Hierin vermochte das erkennende Gericht keinen Verstoß gegen Bestimmungen des Grundgesetzes, insbesondere des Art. 3 oder 6 GG zu erkennen. Abzustellen sei nämlich auf das Kind. Durch den Kinderzuschlag solle der Bedarf von Kindern gedeckt werden, nicht jedoch Einkommen für die Eltern oder eines Elternteils geschaffen werden. Auf der Grundlage weiterer ausführlicher Begründungen kam das Gericht zu dem Ergebnis die Klageabweisung der Vorinstanz zu bestätigen.

Quelle: lexisnexis.de – 26.03.2009 – Von Reinhild Gotzen
Link zum Pressebericht: www .lexisnexis.de/aktuelles/oeffentliche-institutionen/157788/lsg-berlin-brandenburg-kinderzuschlag-nach-6a-bkgg

Leben am Minimum: “Wir verzichten auf alles”

Montag, Juni 15th, 2009

Kein Geld für Auto, Urlaub, neue Kleidung und Restaurantbesuche: Zwei Oldesloer Familien berichten, wie sie über die Runden kommen.

Jedes sechste Kind in Stormarn wächst nach Einschätzung des Deutschen Kinderschutzbunds (DKSB) in Armut auf (wir berichteten). Entweder offiziell, also in einer Familie, die Hartz IV bezieht. Oder das Kind hat Eltern, die keine staatliche Unterstützung bekommen, aber kaum mehr Geld zur Verfügung haben, als ihnen nach den Hartz-IV-Regelsätzen zustünde. “Diese Zahl dürfte noch einmal so hoch sein wie die offizielle”, sagt Stormarns DKSB-Vorsitzende Birgitt Zabel. Viele Menschen, so ihre Erfahrung, glauben gar nicht, dass es in ihrer Stadt Armut gebe.

Es gibt sie. Wir treffen Heike D. (alle Namen geändert) hinter gutbürgerlicher Fassade. Ein weißes Reihenhaus irgendwo in Bad Oldesloe, 130 Quadratmeter, vier Zimmer, kleiner Garten. Was auf den ersten Blick großzügig wirkt, ist für sechs Menschen ein Zuhause. Und eigentlich ist es zu teuer. “Die Arge hat uns 746 Euro Miete bewilligt. Das Haus kostet aber 856 Euro”, sagt Heike D. Also zahlen sie zu von dem Geld, das sie eigentlich gar nicht haben. Was Heike D. daran so widersinnig findet: Das Haus, im Frühjahr bezogen, war Voraussetzung dafür, dass Sebastian (14), der älteste Sohn, aus dem Kinderheim zurückkehren durfte. Das Jugendamt hatte die alte Wohnung als zu klein für sechs Menschen befunden. Das Haus, das der Arge zu teuer ist, übrigens eigentlich auch… Ehemann Dieter D. (37) ist arbeiten. Der studierte Holztechniker hat eine Festanstellung als Tischler.

Heike D. öffnet das Haushaltsbuch. “Er bringt jeden Monat 1146 Euro netto nach Hause.” Hinzu kommen 952,41 Euro Hartz IV. Sophie, die jüngste Tochter, ist erst zwei Jahre alt, Heike D. ist noch Vollzeit-Mutter.

“Wir verzichten auf einfach alles”, sagt Heike D. Sie und ihr Mann waren noch nie essen, noch nie im Urlaub, haben kein Auto. “Die Kinder dürfen sich aussuchen, ob sie einmal im Monat in die Eisdiele oder lieber ins Kino wollen”, sagt Heike D., und beim Ferienprogramm im Sommer müssen wir abwägen: Darf der eine, oder darf der andere?” Das ist der ganze Luxus der Kinder.

Sophie sitzt auf dem Wohnzimmerteppich und legt einen Haufen Glasmurmeln Stück für Stück in eine Schachtel. Die Zweijährige stört es nicht, dass ihre Latzhose aus der Kleiderkammer des Kinderschutzbunds kommt. “Aber für unsere Zwölfjährige ist die Situation hart. Sie möchte schicke Klamotten, die Jeans für 100 Euro.” Nachts liegt die Mutter dann wach, hat ein schlechtes Gewissen und rechnet, um schließlich zu dem Ergebnis zu kommen, dass es nicht geht. So viel haben die Eltern gar nicht, auf das sie verzichten könnten. Mit einer Ausnahme: die Stelle als Tischler. Würde Dieter D. zu Hause bleiben und Hartz IV beziehen, hätte die Familie schätzungsweise 200 bis 300 Euro mehr im Monat. Aber selbst Geld zu verdienen, ist der einzige Luxus, auf den Dieter D. nicht verzichtet.

Dieselbe Stadt, eine anderer Fall. “Es ist irgendwie alles anders”, sagt Pia (12). Was denn? Worte hat sie nicht, stattdessen umarmt sie ihre Mutter. “Wir sind ein Team”, sagt Britta W. (46). Ein Team, das mit zehn Euro am Tag auskommen muss.

2007 fing alles an. “Damals haben mein Mann und ich uns getrennt. Es ging nicht mehr”, sagt die alleinerziehende Mutter. Nach der Trennung zog sie mit ihrer Tochter in eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Das Ende der Beziehung war der Anfang von Hartz IV. Britta W.: “Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passiert. Wenn ich ein Buch schreiben würde, wäre der Titel: ‘Ich komme von der anderen Seite’.”

Die andere Seite, das war die Ehe mit einem gut verdienenden Partner, das war ein Haus mit Garten, ein dickes Auto und drei Urlaubsreisen im Jahr. Pia hatte damals eine ganze Etage für sich. Jetzt hat sie ein kleines Zimmer. Und einfach mal so kaufen, was sich die Kleine wünscht, das geht auch nicht mehr. Britta W.: “Jetzt ist auch noch die Sporttasche kaputt. Und im Juli gibt es drei Kindergeburtstage.” Pia soll nicht ohne Geschenke kommen. Dreimal zehn Euro muss die Mutter dafür rechnen. Ein kleines Vermögen. “Sie kriegt das Geld trotzdem, dann muss ich eben woanders sparen”, sagt die 46-Jährige, die dabei fast schon sportlichen Ehrgeiz entwickelt. Zehn Euro am Tag hat sie sich als Limit gesetzt. “Manchmal komme ich auch zwei Tage damit aus. Dann bin ich richtig stolz”, sagt Britta W., die nicht jammert. “Anderen geht es viel schlechter.”

Ihre finanzielle Lage ist dennoch alles andere als rosig. Sie bekommt 500 Euro Unterhalt, 159 Euro Wohngeld, 164 Euro Kindergeld, und da sie sich einen Job als Aushilfsverkäuferin gesucht hat, 399 Euro Lohn. Von der Arge kommt ergänzendes Hartz IV in Höhe von 50,80 Euro statt der anfänglichen 351 Euro, denn ihr Verdienst sowie Kinder- und Wohngeld werden gegengerechnet. Das macht 1272,80 Euro. Davon gehen 400 Euro Miete und 150 Euro für Betriebs- und Heizkosten ab. Weitere 55 Euro bekommen die Stadtwerke für Strom. 60 Euro kosten Telefon und Versicherungen. Unterm Strich hat die Kleinfamilie 607,80 Euro. Das sind rund 20 Euro pro Tag für Lebensmittel, Bekleidung, Schulsachen, für die Praxisgebühr und Extras wie Süßigkeiten oder mal fürs Kino.

Nun droht auch noch die Kürzung der Unterstützung. Nach den Berechnungen der Arge hat die Oldesloerin eine Wohnung, deren Miete 25 Euro über der zulässigen Grenze liegt. 32 Euro zu viel an Heizkosten gebe sie außerdem aus. Jetzt muss sie sich eine neue, eine preiswertere Wohnung suchen, oder künftig auf 57 Euro verzichten.

Für Pia ist die Situation am schwersten. Am Anfang wollte sie ihre Freundinnen aus dem Gymnasium nicht nach Hause einladen. “Sie hat sich geschämt”, sagt die Mutter. Nach einer Pause fügt sie hinzu: “Das tut weh.”

Die Zwölfjährige nimmt die Lage mit dem erstaunlichen Ernst eines jungen Menschen, der intuitiv begreift. Ist sie traurig? Wünscht sie sich etwas, was sie nicht bekommen kann? Sie schüttelt den Kopf: “Es geht ja nicht anders.” Zum Glück ist Gina da, die Katze aus dem Lübecker Tierheim. Die lässt sich knuddeln und ist ein guter Freund. “Pia hat sich immer schon ein Tier gewünscht”, sagt die Mutter. Da müssen die 50 Cent am Tag für das Futter drin sein.

Quelle: abendblatt.de – 13. Juni 2009 – Von Alexander Sulanke und Martina Tabel
Link zum Pressebericht: www .abendblatt.de/region/stormarn/article1051221/Leben-am-Minimum-Wir-verzichten-auf-alles.html

Biallos Ratgeber Wohngeld: Antrag lohnt sich derzeit mehr denn je

Mittwoch, März 4th, 2009

Aachen. Kaum noch Überstunden, Kurzarbeit, Entlassungen – die Krise macht sich inzwischen bei vielen Arbeitnehmern bemerkbar. Wenn das Einkommen sinkt, springt häufig das Wohngeldamt mit einem (höheren) Mietzuschuss ein.

«Sechs Monate lang wird bei uns nun pro Woche drei Stunden weniger gearbeitet. Unter dem Strich bekomme ich 160 Euro im Monat weniger», berichtet Ernst M., der bei einem Autozulieferer in Berlin beschäftigt ist. Ähnlich wie ihm geht es derzeit vielen Arbeitnehmern. Positiv für die Betroffenen: Seit Anfang 2009 gelten beim Wohngeld günstigere Regeln.

Rechtsanspruch: Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zur monatlichen Miete oder den Ausgaben für ein selbst bewohntes Eigenheim. Es wird – bei Bedürftigkeit – zumeist für einen Zeitraum von zwölf Monaten bewilligt und kann dann immer wieder erneut beantragt und somit zeitlich unbegrenzt gezahlt werden.

Regeln: Ob und wie viel staatlicher Wohnzuschuss einem zusteht, hängt ab von der Größe des Haushalts, dem Mietniveau am Wohnort dem Haushaltseinkommen. Beziehen Mieter oder Eigentümer Arbeitslosengeld I oder Krankengeld, haben sie oft Anspruch auf die Leistung. Das Gleiche gilt auch für Beschäftigte mit unterdurchschnittlichem Haushaltseinkommen.

Ernst M. beispielsweise verdient nun monatlich 2700 Euro brutto. Dazu bekommt er für seine drei Töchter Kindergeld. Dieses wird jedoch beim Wohngeld nicht angerechnet. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Bei einer Kaltmiete von 640 Euro steht der Berliner Familie jetzt monatlich 106 Euro Wohngeld zu. Damit wird das Minus beim Lohn zumindest teilweise ausgeglichen.

Ein Antrag auf Wohngeld kann sich für Durchschnittsfamilien mit drei Kindern bis zu einem Einkommen von 3190 Euro lohnen. Bei zwei Kindern sind es 2790 Euro. Diese Werte gelten für Regionen mit sehr hohen Mieten – etwa für München und Stuttgart. In ländlichen Regionen gelten niedrigere Sätze. Antragsteller können vorab ihren voraussichtlichen Wohngeldanspruch unter biallo.de/wohngeldrechner kalkulieren.

Werbungskosten: Wer, etwa wegen eines weiten Wegs zur Arbeit, hohe Werbungskosten hat, für den kann sich der Wohngeldantrag auch bei höherem Einkommen noch auszahlen. Wichtig: Auch steuerlich anerkannte Kinderbetreuungskosten, wie etwa Kindergartengebühren, mindern das beim Wohngeld anrechenbare Einkommen.

Niedrige Hürden: Das Wohngeld ist eine Leistung mit niedrigen Hürden. So prüfen die Ämter nicht, ob das Auto oder die Größe und Ausstattung der Wohnung angemessen sind. Auch nach Ersparnissen und Vermögen wird in den – regional unterschiedlichen ö Wohngeldanträgen in der Regel nicht gefragt. Ebenso muss niemand seine Rücklagen fürs Alter offenlegen. «Erhebliches Vermögen» steht allerdings – so die Wohngeldbroschüre des Bundesbauministers – einem Wohngeldanspruch entgegen.

Verzicht auf Arbeitslosengeld II: Viele Menschen, die in finanziellen Nöten sind, beantragen ungern Hartz IV. Sie können aber gegebenenfalls auch auf ALG II verzichten und stattdessen Wohngeld beantragen. Unter Umständen haben sie dann zwar einige Euro weniger zur Verfügung – sie entgehen aber der umfassenden Kontrolle durch die Ämter.

Rechtzeitig Antrag stellen: «Im Zweifel lieber früher als später einen Antrag stellen», sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Wohngeld gibt es nämlich erst ab dem Monat der Antragstellung. Wer noch vor März 2009 Wohngeld beantragt und bewilligt bekommt, erhält übrigens zusätzlich noch eine Sonderzahlung: einen einmaligen Heizkostenzuschuss für den Winter 2008/09.

Quelle: az-web.de – 22.02.2009 – Von Rolf Winkel und Horst Biallo
Link zum Pressebericht: www .az-web.de/geld/ratgeber-detail-az/816192?_g=Biallos-Ratgeber-Wohngeld:-Antrag-lohnt-sich-derzeit-mehr-denn-je