Posts Tagged ‘Arbeitslosengeld II’

L 16 AS 149/08 – Selbstverschuldet in Hartz IV: Kein ALG II

Sonntag, März 15th, 2009

Selbst herbeigeführte Hartz IV- Hilfebedürftigkeit schließt Leistungen nach dem SGB II aus. Kein Anspruch auf das Arbeitslosengeld II, wenn man zuvor sein Vermögen “verschenkt” hat.
Wenn 2 Wochen vor der erstmaligen Antragstellung auf ALG II einer schuldenfreien Hälfte einer Eigentumswohnung im Wert von 75.000,00 EUR an einen Dritten verschenkt werden, ist dies gemäß § 138Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sittenwidrig und nichtig, da diese Zahlung die Hartz IV Hilfebedürftigkeit herbei geführt hat. So das Urteil des Bayerisches Landessozialgericht AZ: L 16 AS 149/08

Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Hilfebedürftige solange auf den Verbrauch seines Vermögens zu verweisen, wie dieses vorhanden ist. Eine fiktive Zurechnung des Vermögens auf einen Verbrauchszeitraum ist so lange ausgeschlossen, als das Vermögen vorhanden ist (so ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Beschluss vom 30/07/2008, B 14 AS 14/08 B zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage der wiederholten Berücksichtigung von Vermögen, sowie einhellige Meinung der Kommentarliteratur; statt vieler: Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II,2.Aufl. 2008, § 12 RdNr. 34). Daher ist das Vermögen des Klägers bis zum Ende des von ihm geltend gemachten Leistungszeitraums zu berücksichtigen, da er weder die Barzahlung noch die Hälfte an der Eigentumswohnung zurückverlangt hat. Die vom Kläger geltend gemachte “Ausstattung” des Sohnes begründet keine rechtliche Verpflichtung, die dem Rückfordern der Schenkung entgegensteht. Moralische oder familiäre Gründe sind hier unbeachtlich.

Quelle: gegen-hartz.de – 11.03.2009
Link zum Pressebericht: www .gegen-hartz.de/urteile/hartzivselbstverschuldet2883.html

Hartz-IV-Empfänger schwer zu vermitteln

Mittwoch, März 11th, 2009

Politiker-Praktikum in den Hartz-IV-Agenturen: Wo hakt es, fragten gestern 26 SPD-Abgeordnete. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Eine Studie belegt, dass fast die Hälfte aller Hartz-IV-Empfänger seit 2005 keine Arbeit gefunden hat.
Ein Neubau in der Bundesallee, zweiter Stock, in einem kleinen Büro: Ein Mitarbeiter blickt auf die elektronische Akte auf seinem Bildschirm und seufzt. Er dreht sich zum „Kunden“, wie die Empfänger von Sozialleistungen in der Behörde neuerdings heißen: „Warum haben Sie die Maßnahme denn abgebrochen?“ Der Mann mit den strubbeligen, grauen Haaren beugt sich vor: „Na die MAE war anders, als Sie mir vorher gesagt hatten“, sagt er. MAE gehört ebenfalls zum neuen Stütze-Vokabular und steht für Mehraufwandsentschädigung, im Volksmund auch Ein-Euro-Job genannt. Der Kunde habe einen Hausmeisterposten in einem Kindergarten erwartet. Seine Stimme überschlägt sich fast: „Stattdessen sollte ich dort basteln.“

Der Mann leidet an Gelbsucht und anderen Spätfolgen seines jahrelangen Drogenkonsums. Mit seinem Vorstrafenregister und Methadon-Programm gehört der Kunde zu den hoffnungslosen Fällen im Jobcenter Wilmersdorf-Charlottenburg. Vielleicht ist es ihm deswegen egal, dass diesmal eine Politikerin seiner Besprechung beiwohnt. Ülker Radziwill von der SPD besucht gemeinsam mit ihrem Parteikollegen Christian Gaebler das Wilmersdorfer Jobcenter. Insgesamt 26 SPD–Politiker sehen sich am Dienstag in den Einrichtungen um. Sie wollen einen persönlichen Eindruck von den Problemen bei der Vermittlung von Hartz-IV-Kunden in den Arbeitsmarkt gewinnen.

Der Zeitpunkt für das Politiker-„Praktikum“ in den Hartz-Agenturen passt gut. Am Montag belegte eine Studie: Fast die Hälfte aller Arbeitslosengeld-II-Empfänger in Deutschland hat es seit 2005 nicht in den Arbeitsmarkt geschafft. Bei ihrem Besuch erhielten die Berliner Sozialdemokraten nun die Möglichkeit, Mitarbeiter der Behörden direkt zu fragen, wo die Probleme mit den Langzeitarbeitslosen liegen. So auch Radziwill nach dem beobachteten Fall. „Wie fahren Sie denn nun fort?“, fragt sie den Mann hinter dem Schreibtisch. Der Mitarbeiter seufzt. Im Mai gäbe es eine neue Maßnahme, aber die sei „eigentlich für stabilisierte Leute“, die also schon weiter sind als der Kunde von eben. Er scheint selber ratlos zu sein. „Die ganzen Langzeitkarrieren aus dem alten Sozialamt sind nun eben bei uns“.

Beim Gespräch mit Fachbereichsleitern werden andere Probleme deutlich, wie etwa der Personalschlüssel: Vorgesehen sind 150 Antragsteller auf einen Vermittler. In der Realität der Jobcenter sind es jedoch 200 bis 400 „Kunden“, die ein Mitarbeiter in der Regel betreuen muss. Dementsprechend groß seien auch die Rückstände in der Bearbeitung der Anträge und des Datenabgleichs mit anderen Behörden. Wie aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Fraktion von Januar hervorgeht, handelt es sich um rund 150 000 Briefe, die auf den Schreibtischen der Jobcenter unbearbeitet Staub ansetzen. Hinzu kommt die hohe Anzahl der Bescheide, die von den Gerichten als fehlerhaft kassiert werden. „Die Fluktuation unter den Mitarbeitern ist hoch“, erklärt Geschäftsführer Johannes Langguth. Außerdem sei es nicht leicht, bei jährlich über 100 000 Bescheiden keine Fehler zu machen. Die 39 neuesten Änderungen in der Hartz-IV-Gesetzgebung wären da auch nicht gerade hilfreich.

Quelle: tagesspiegel.de – 11.03.2009 – Von Ferda Ataman
Link zum Pressebericht: www .tagesspiegel.de/berlin/Hartz-IV;art270,2748776

HAUSTEIN: Betreuung Langzeitarbeitsloser gehört in die Hände der Kommunen

Mittwoch, März 11th, 2009

BERLIN. Zu den Ergebnissen der gestern veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit erklärt Heinz-Peter HAUSTEIN:

Die aktuelle Studie des IAB verweist erneut auf den hohen Anteil Langzeitarbeitsloser. Von den sechs Millionen Menschen, die Anfang 2005 auf Arbeitslosengeld II (ALG II) angewiesen waren, lebten drei Millionen Menschen Ende 2007 immer noch von der Transferleistung. 78 Prozent der ALG II-Bezieher bedurften zwölf Monate oder länger der staatlichen Unterstützung.

Vor allem Alleinerziehende sind betroffen. Die Hälfte der Alleinerziehenden benötigten die staatliche Hilfe drei Jahre nach Leistungsbeginn noch immer oder nach Unterbrechung schon wieder.

Die Bundesregierung hat es versäumt, die Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt so auszugestalten, dass auch diese Personen eine Chance auf einen Arbeitsplatz haben.

Vordringliches Ziel muss es sein, auch Langzeitarbeitslosen wieder eine Perspektive zu geben. Wir brauchen eine grundlegende Reform der Arbeitsverwaltung, weniger arbeits- und tarifrechtliche Gängelung, weniger Abgabenlasten, weniger Bürokratie und dafür mehr Freiheit für flexible Lösungen, damit Arbeitsplätze in Deutschland entstehen und erhalten bleiben.

Es rächt sich der schwere Konstruktionsfehler von Hartz IV, der in der uneinheitlichen Trägerschaft und der uneinheitlichen Zuständigkeit liegt. Die derzeitige Betreuung der Langzeitarbeitslosen teils durch Kommunen, teils durch Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagentur und teils durch die Arbeitsagentur alleine funktioniert nicht. Organisatorische Mängel und unklare Verantwortlichkeiten führen immer wieder zu Kompetenzgerangel.

Richtig wäre es stattdessen, die Kommunen mit der Aufgabe der Reintegration von Langzeitarbeitslosen zu betrauen, denn nur die Kommunen können der besonderen Situation der Langzeitarbeitslosen mit zahlreichen Vermittlungshemmnissen gerecht werden, da sie näher an den Betroffenen dran sind und die lokalen Gegebenheiten kennen. Und sie haben schon bewiesen, dass sie bei der Arbeitsvermittlung flexiblere Wege gehen können als die zentralistische Bundesagentur.

Der richtige Weg ist nach meiner Überzeugung die Einführung eines Liberalen Bürgergeldes. Nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe sollte der Sozialstaat jedem Bürger die Chance sichern, so weit wie möglich aus eigener Kraft ein selbst bestimmtes Leben führen zu können. Derjenige, der arbeitet, muss spürbar mehr bekommen, als derjenige, der nicht arbeitet. Dafür bedarf es fairer und zugleich durchschaubarer Hinzuverdienstmöglichkeiten. Diese müssen so ausgestaltet werden, dass sie Arbeitslose zur Aufnahme einer Beschäftigung aktivieren.

Quelle: fdp-fraktion.de – 10.03.2009
Link zum Pressebericht: www .fdp-fraktion.de/webcom/show_websiteprog.php?wc_c=649&wc_lkm=84&wc_id=12004&bis=