Posts Tagged ‘Agentur für Arbeit’

10 AL 220/07 – Anspruch auf ALG II bei kurzfristiger Zwischenbeschäftigung

Montag, August 3rd, 2009

Bei einer angezeigten Unterbrechung der Arbeitslosigkeit für die Dauer von höchstens sechs Wochen ist eine erneute Arbeitslosmeldung und Antragstellung zur Erlangung von Arbeitslosengeld nicht erforderlich. Die internen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit, wonach dies nur im Falle einer Unterbrechung aufgrund von Ruhenstatbeständen gelten soll, stehen nicht im Einklang mit dem Gesetz. Das hat das Sozialgericht Speyer entschieden (Urteil vom 3. Februar 2009, Az. S 10 AL 220/07).

Im konkreten Fall war die Klägerin zunächst vom 17. Januar 1994 bis 30. September 2002 versicherungspflichtig beschäftigt. Für die Zeit ab dem 1. Oktober 2002 beantragte sie bei der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld, das ihr für eine Anspruchsdauer von 660 Tagen ab Antragstellung bewilligt wurde. In der Zeit vom 1. November 2003 bis 27. September 2006 war die Klägerin selbständig tätig, bevor sie am 28. September 2006 erneut Arbeitslosengeld beantragte und für eine Restanspruchsdauer von 290 Tagen auch erhielt. Nachdem sie der Bundesagentur mitgeteilt hatte, in der Zeit vom 29. Januar 2007 bis 3. Februar 2007 einen Lehrauftrag als selbständige Vollzeittätigkeit wahrzunehmen, hob diese die Arbeitslosenbewilligung ab dem 29. Januar 2007 wieder auf. Im Anschluss an ihre selbständige Tätigkeit verlangte die Klägerin nunmehr, ihr das Arbeitslosengeld weiterzuzahlen. Dieses Begehren lehnte die Bundesagentur jedoch ab, weil die Klägerin mit ihrem Antrag vom 1. Oktober 2002 zwar einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben habe. Dieser Anspruch könne für die Zeit ab dem 4. Februar 2007 allerdings nicht mehr geltend gemacht werden, da nach seiner Entstehung bereits vier Jahre verstrichen seien.

Die Speyerer Sozialrichter urteilten nunmehr, dass der Klägerin ab dem 4. Februar 2007 noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 169 Tagen zugestanden hat. Anders als die Bundesagentur für Arbeit meint, hatte die Klägerin ihren Anspruch rechtzeitig, nämlich bereits am 28. September 2006, durch persönliche Arbeitslosmeldung und Antragstellung geltend gemacht. Beides wirkte trotz der viertägigen Zwischenbeschäftigung vom 29. Januar 2007 bis 3. Februar 2007 fort, weshalb die Klägerin ab dem 4. Februar 2007 automatisch wieder Zahlungen beanspruchen konnte. Die Auffassung der Bundesagentur, dass eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung und Antragstellung nur dann nicht erforderlich sei, wenn der Leistungsbezug aufgrund von Ruhenstatbeständen unterbrochen werde, ist nicht zu folgen. Eine derart einschränkende Auslegung lässt sich zum einen nicht dem Wortlaut des Gesetzes entnehmen, das die Weitergeltung einer persönlichen Arbeitslosmeldung und Antragstellung im Falle jeglicher kurzzeitiger mitgeteilter Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit anordnet. Zum anderen aber stützen auch Sinn und Zweck des Gesetzes die Rechtsauffassung der Bundesagentur nicht. Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, denjenigen, dessen Zahlungsanspruch für eine kurze Zwischenzeit ruht, gegenüber demjenigen zu privilegieren, dessen Anspruch dem Grund nach für eine kurze Zwischenzeit entfallen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte den Arbeitslosen durch einen lediglich kurzfristig unterbrochenen Leistungsbezug keine Nachteile entstehen sollen. Um dem gerecht zu werden, muss das für den Fall der Unterbrechung wegen Ruhens ebenso gelten wie für den Fall der Unterbrechung bei vorübergehendem Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, nachdem die beklagte Bundesagentur für Arbeit Berufung zum Landessozialgericht eingelegt hat.

Quelle: juraforum.de – 24.03.2009 – Sozialgericht Speyer
Link zum Pressebericht: www .juraforum.de/jura/news/news/p/1/id/276973/f/108/

Hartz-IV muss her – und zwar sofort

Sonntag, Juni 21st, 2009

Dieser Artikel wurde am 5.11.2008 in diesem Blog veröffentlicht. Weil in der taz jetzt ein Artikel Service-Hölle: Staatsanwalt scheitert an Hartz-IV-Hotline erschien, habe ich ihn noch einmal nach oben geholt.

Als nächstes probierte der Staatsanwalt den Weg über die Jobcenter-Hotline und kam nach ca. 10-minütiger Wartezeit auch endlich durch. Die Hotline wollte die Durchwahlnummer der zuständigen Mitarbeiterin allerdings nicht herausgeben, denn es gebe eine Weisung, dass man keine entsprechenden Mitteilungen machen dürfe. Die Telefonistin wollte auch nicht zum Vorgesetzten der Mitarbeiterin verbinden. Sie wollte auch den Namen ihres eigenen Vorgesetzten nicht nennen.

In meinem Artikel Hartz-IV muss her – und zwar sofort hatte ich insbesondere das mangelnde Service-Bewusstsein der (Berliner) Jobcenter kritisiert.

Wie Karl Lauterbach, linker SPDler, bin ich im Grundsatz für Hartz-IV. Jedoch zeigen sich schon in meinem sehr einfachen Fall (Single, Hochschulabsolventin) die großen Fehler im System. Im Moment sehe ich das für mich persönlich noch recht locker, ich bin es gewöhnt, von wenig Geld zu leben – die meisten Studierenden haben weniger als Hartz-IV – dennoch ärgert es mich, wie achtlos mit Menschen in Not umgegangen wird.

Nachdem ich mich jetzt mehr als einen Monat damit auseinandersetze, das mir zustehende Geld vom Amt zu bekommen, ein kleiner Zwischenbericht, gespickt mit Forderungen zu einer Hartz-IV-Reform und einer Linkliste zum Weiterlesen.

Ende August, kurz nach der Abgabe meiner Diplomarbeit, war ich beim Hochschulteam des Arbeitsamtes – Stichwort Mitwirkungsbereitschaft in vorauseilendem Gehorsam – dort habe ich eine gar nicht so dumme Beratung bekommen. Im Laufe des Septembers hatte ich verstanden, dass man für einen Hartz-IV-Antrag zum Jobcenter muss. Am zweiten Oktober war ich das erste Mal auf dem Amt, am zehnten hatte ich alle Unterlagen komplett abgegeben. Man sagte mir, sie seien vollständig. Einschub: Die Kritik an der Kompliziertheit des Hartz-IV-Antrags kann ich nicht nachvollziehen. Er ließ sich sehr einfach ausfüllen, viel einfacher beispielsweise als ein Bafög-Antrag. Und ich finde es richtig, dass man Vermögen und Konten nachweisen muss – Jede und jeder soll nach dem tatsächlichen Bedarf bekommen, nichts anderes finde ich logisch.

Bescheid kam schnell – aber viel zu wenig Geld

Überraschend schnell kam der Bescheid. Mir wurden pauschal für das nächste halbe Jahr 80 Euro, die meine Mutter mir nochmal zum Diplom überwiesen hatte, abgezogen. Schade drum, eventuell nicht rechtens (Graubereich Geschenke von Eltern) aber nachvollziehbar. Was mich mehr ärgerte: Die Kosten der Unterkunft (KdU) hatten sie nicht berechnen können – und das, obwohl man mir zuvor gesagt hatte, dass alles okay sei.

Natürlich legte ich Widerspruch ein. Seitdem ist offenbar nichts passiert. Meine Miete habe ich von meinen 271 Euro Hartz-IV bezahlt. Es bleiben mir 30 Euro pro Monat zum Leben – bei den KdU bisher nichts neues.

SGB-II-Hotline: Faktisch keine brauchbaren Auskünfte

Regelmäßig rufe ich bei der kostenpflichten Hotline des Jobcenters an, dort bekomme ich regelmäßig die Auskunft, dass man meine Anfrage an mein zuständiges Team weiterleite. Das wird dann im System vermerkt. Ein sinnvoller Tipp für all diejenigen, die eine wirkliche Auskunft haben möchten: Ruft direkt bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg an, telefoniert euch von der Vermittlung aus durch – bei den Nürnbergern ist man sehr freundlich, sie gaben mir auch gleich die entsprechende Beschwerdenummer für meinen Bezirk.

Mehr Service für alle

Im Grunde ist es höchst kritikwürdig, dass man beim Amt den notwendigen Service-Gedanken nicht verinnerlicht hat. Zwar sind die Menschen dort im Grundsatz freundlich, wenn man mit ihnen spricht, zumal, wenn man dies in einer Sprache tut, die freundlich ist und gleichzeitig durch Kenntnis des SGB-II geprägt ist. Seine Rechte und Pflichten zu kennen, ist bei Hartz-IV auf jeden Fall sinnvoll, ja notwendig: Das gibt einem ein besseres Gefühl, ja, einfach mehr Sicherheit bei der Kommunikation mit den Zuständigen beim Amt.

Auch wenn das Amt mit den vielen Hartz-IV-Anträgen wohl überfordert ist – ich habe bei meinen Besuchen dort gesehen, dass die Sachbearbeiter/innen sehr viel zu tun haben, kaum Pausen haben und einen Menschen nach dem anderen drannehmen – so finde ich es dennoch misslich, dass man bei der Beantragung alle seine Kontaktdaten abgibt, jedoch bei Fragen nicht angerufen wird.

Der Ton macht die Musik

Ich hätte es mir gewünscht, angerufen zu werden und erklärt zu bekommen, dass doch noch Unterlagen fehlen, anstatt eine förmliche Aufforderung zur Mitwirkung zu bekommen. In einem Telefonat hätte man mir kurz sagen können: Hören Sie, wir hätten gerne noch eine Auflistung der einzelnen Zimmer in ihrer WG, können Sie dies bitte liefern?. Anstatt dessen wird mir gedroht, dass mir die Leistung gänzlich versagt werden kann, wenn ich nicht mitmache. Der Ton macht die Musik Man könnte viel Druck bei Hartz-IV herausnehmen, wenn man hier etwas ändern würde. Wäre man etwas freundlicher und erklärender zu den Menschen, dann würden sie sich nicht so niedergemacht vorkommen. Diese juristisch-technokratische Art und Weise, mit Menschen umzugehen, scheint mir ein Grundfehler bei Hartz-IV zu sein.

Her mit dem direkten Drahl zur Leistungsabteilung

Am besten fände ich einen direkten Draht zur Leistungsabteilung – es sollte so sein, dass eine Telefonnummer zur Leistungsabteilung angegeben wird – diese könnte man beispielsweise auf den Bescheid oder auf die Briefe, schreiben. Anstelle dessen wird so getan, als gäbe es eine Durchwahl, in allen Fällen ist bei Durchwahl jedoch lediglich die Nummer zur kostenpflichtigen SGB-II-Hotline angegeben. Was es bringt, dort anzurufen, habe ich ja oben schon beschrieben.

Kritikwürdig: Residenzpflicht und Trainingsmaßnahmen

Im Grunde finde ich das Prinzip einer bedarfsorientierten Grundsicherung, auch das Prinzip des Förderns und Forderns sehr okay. Die Theorie ist gar nicht so schlecht. Eines, was ich im SGB-II-Heft las, empfinde ich aber als empörend: Hartz-IV-Empfänger/innen sind einer Residenzpflicht unterworfen – das bedeutet: sie haben dem Betreuer anzuzeigen, wenn sie die Stadt verlassen, und der Betreuer kann auch Nein sagen – das halte ich weder für praktisch umsetzbar noch für verhältnismäßig und schon gar nicht für notwendig.

Kritikwürdig sind wahrscheinlich auch die Maßnahmen nach 15a. Sollte ich im Dezember noch keinen Job haben, werde ich jeden Morgen Punkt Acht im Stadtteil Wedding zu einer Trainingsmaßnahme erwartet. Ich bin zwar gespannt, was dort abgeht, jedoch habe ich von diesen Maßnahmen schon schlimmes gehört und auf Grund des Programms zweifle ich daran, dass ich das dort lange aushalten werde. Hinzu kommt, dass mir bekannt ist, dass diese Maßnahmen an den Träger, der das preisgünstigste Angebot abgibt, vergeben wird. Mit Qualität haben diese Maßnahmen also eher weniger zu tun und ich glaube auch nicht, dass sie einen sinnvollen Beitrag zur Förderung meiner individuellen Talente darstellt.

Wie man aus meinen Ausführungen herauslesen kann, motiviert mich die eigene Betroffenheit nicht dazu, mich für eine Abschaffung von Hartz-IV oder für ein Grundeinkommen einzusetzen.

Meine Forderungen für eine Hartz-IV-Reform
Ich finde, man sollte mehr Menschen zur Bearbeitung der Anträge einstellen, das Jobcenter Berlin-Kreuzberg scheint mit den vielen Anträgen überfordert, und ich vermute, überall dort, wo viele Menschen Anspruch auf Hartz-IV haben, sieht die Lage ähnlich aus. Den Sachbearbeiter/innen den Zeitdruck zu nehmen wäre aber nur ein erster Schritt – es muss sich auch in der Kultur des Umgangs etwas grundlegendes ändern. Das Jobcenter sollte sich mehr als Service-Einrichtung begreifen: Das bedeutet, dass man selbstverständlich direkt bei der Leistungsabteilung anrufen und sich dort eine belastbare Auskunft geben lassen kann. Auch sollten die förmlichen, wenig menschenfreundlichen Schreiben umformuliert werden. Sie müssen einladender und leichter verständlich werden. Das beste wäre natürlich, wenn die Sachbearbeiter/innen den Service-Charakter ihrer Institution derart begreifen würden, dass sie einen direkt anrufen, wenn sie eine Frage haben. Die Maßnahmen nach 15a sollen mehr auf die individuellen Talente der einzelnen Menschen ausgerichtet sein, ein erster Schritt wäre es, aus verschiedenen Maßnahmen wählen zu können. Die Vergabe an Träger für 15a-Maßnahmen sollte nach Qualitätskriterien und nicht ausschließlich nach den geringsten Kosten stattfinden Die Residenzpflicht gehört abgeschafft.

Da ich ledig bin, habe ich niemand anderes in meiner Bedarfsgemeinschaft. Bei Pärchen und anderen, die das Amt für gegenseitig unterhaltspflichtig ansieht, kommen noch andere Kritik-Aspekte hinzu. Davon bin ich aber, wie gesagt, nicht betroffen.

Lauterbach in der taz: Die Hartz-IV-Reformen sind links Der Westen: Einsatz der Kofferträger am Bahnhof hat begonnen Beschluss BDK Nürnberg (PDF): Aufbruch zu neuer Gerechtigkeit

Quelle: premiumpresse.de – 23.03.2009 – WebContent
Link zum Pressebericht: www .premiumpresse.de/hartz-iv-muss-her-und-zwar-sofort-PR416120.html

Private Krankenversicherung PKV – arbeitslos

Sonntag, März 15th, 2009

Wenn Privatversicherte (PKV) arbeitslos werden, dann sind Sie durch den Bezug von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder Unterhaltsgeld bei Arbeitslosigkeit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (SPV).
Allerdings bleiben Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, versicherungsfrei, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder aufgrund hauptberuflicher Selbständigkeit nicht versicherungspflichtig waren. In der Regel kann dieser Personenkreis in den Standardtarif wechseln. Eine Ausnahme stellt der Bezug von Arbeitslosengeld II dar, denn dieser löst auch bei über 55-Jährigen Versicherungspflicht aus.

PKV-versicherte Arbeitslose können sich im Übrigen von der Pflichtversicherung in der GKV und der SPV befreien lassen. Voraussetzung ist, dass diese Personen in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbezug nicht in der GKV versichert waren und eine private substitutive Krankenversicherung haben.

Hierzu ist ein Antrag notwendig, der innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse zu stellen ist. Die Befreiung wirkt vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt.

Sobald sie bestätigt worden ist, übernimmt die Bundesagentur für Arbeit durch Zahlung unmittelbar an das PKV Unternehmen sowohl den Beitrag zur PKV als auch zur privaten Pflegepflichtversicherung bis zu der Höhe, die sie auch bei einer Pflichtmitgliedschaft in der GKV oder in der sozialen Pflegeversicherung zu tragen hätte.

Was passiert, wenn eine privat versicherte Person bei Arbeitslosigkeit in die gesetzliche Krankenversicherung wechselt und bei Wiederaufnahme einer Beschäftigung erneut versicherungsfrei ist, d.h. aufgrund der Gehaltshöhe nicht versicherungspflichtig bleibt?

Dauerte die gesetzliche Krankenversicherung länger als 12 Monate, so kann die Person zwischen freiwilliger gesetzlicher Krankenversicherung und privater Krankenversicherung wählen. Wenn sie jedoch weniger als 12 Monate gesetzlich versichert war, so wird die erforderliche Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt.

Quelle: cecu.de – 13.03.2009
Link zum Pressebericht: www .cecu.de/544.html