Posts Tagged ‘Sozialgericht’

S 33 AS 5/09 ER – Zur Verwendung von Formularanträgen im SGB II

Sonntag, März 15th, 2009

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind zwar antragsabhängige Leistungen. Die Wirksamkeit eines Leistungsantrags setzt nach Auffassung des Sozialgerichts Hildesheim, Beschluss vom 10.02.2009 – S 33 AS 5/09 ER, jedoch nicht voraus, dass der Leistungen nach dem SGB II begehrende Hilfesuchende ein vorgefertigtes Formular ausfüllen muss. Hierzu kann er auch nicht nach § 60 Abs. 2 SGB II gezwungen werden.
Zwischen den Beteiligten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens war die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende streitig. Der Antragsteller stand im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Nach Auslaufen der erstmaligen Bewilligung verwandte der Antragsteller für seinen erneuten Folgeantrag kein Formular, sondern führte in einem Schreiben auf, dass sich seine finanzielle Verhältnisse und Aufwendungen nicht geändert hätten. Der Antragsgegner, der zuständige Leistungsträger nach dem SGB II, forderte den Antragsteller mehrfach auf, das ihm übergegebene Formular auszufüllen. Er begründete dies mit dem Hinweis auf § 60 Abs. 2 SGB I. Der Antragsteller kam der Aufforderung jedoch nicht nach. Daraufhin stellte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ein.

Nach Auffassung des Sozialgerichts Hildesheim steht dem vom Antragsteller geltend gemachten Leistungsanspruch nicht entgegen, dass der Antragsteller nicht den vorgeschriebenen Vordruck verwandt habe. § 60 Abs. 2 SGB I sehe zwar die Verwendung von Vordrucken vor. Nach § 60 Abs. 2 SGB I sollen jedoch die Vordrucke verwandt werden, sie müssen nicht. Soll bedeutet können, jedoch nicht müssen. Eine Verpflichtung zur Nutzung der Formulare bestehe damit nicht. Die Verwendung von Formularen ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Anspruchsvoraussetzung. § 38 SGB II spreche insoweit zwar von einer antragsabhängigen Leistung. Die Stellung eines Antrages setze aber ebenfalls nicht die Verwendung eines bestimmten Formulars voraus. Soweit der Antragsgegner über die Verwendung der Formulare die notwendige Darstellung des Sachverhalts sicherstellen wolle sei er bei Nichtverwendung der Formulare verpflichtet, fehlende Unterlagen anzufordern und dann über den Antrag zu entscheiden.

Quelle: lexisnexis.de – 12.03.2009 – Von Reinhild Gotzen
Link zum Pressebericht: www .lexisnexis.de/aktuelles/oeffentliche-institutionen/156853/sg-hildesheim-zur-verwendung-von-formularantraegen-im-sgb-ii

Hartz-IV-Empfänger verpassen

Mittwoch, März 11th, 2009

WAS MACHT EIGENTLICH … die SPD?
Eigentlich war das Vorhaben als “Praktikum in den Berliner Jobcentern” geplant. “Die Abgeordneten wollen sich am Ort ein Bild von der Situation der Erwerbslosen und ihrer Familienangehörigen sowie von der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen”, hatte die Pressestelle der SPD-Fraktion angekündigt. Etwas vollmundig, wie sich herausstellen sollte. Christian Gaebler, parlamentarischer Geschäftsführer, und Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin, liefen am Dienstagmorgen im Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf jedenfalls durch weitgehend leere Flure und Warteräume. “Heute ist Schließtag im Leistungsbereich. Wir haben Rückstände, die wir aufarbeiten müssen”, erklärte eine Jobcenter-Vertreterin.

Der Kontakt zu Hartz-IV-Empfängern blieb deshalb aus. Nicht aber das Gespräch mit den Mitarbeitern: Anders als die Arbeitslosen mussten Gaebler und Radziwill keine Wartenummer ziehen, sondern wurden sogleich empfangen. Ob er wisse, wie so ein Hartz-IV-Antrag aussehe, fragte eine Teamleiterin im Eingangsbereich Christian Gaebler. Der studierte Verkehrsplaner und Restaurantbetreiber verneinte und blätterte erstaunt die vielen Seiten mit Kästchen, Fragen und Erläuterungen durch.

Viele Papiere landen vor dem Sozialgericht, es wird überschwemmt von Klagen gegen die Jobcenter. Der Geschäftsführer in Charlottenburg-Wilmersdorf, Johannes Langguth, verteidigte seine Behörde. 100.000 Bescheide würden pro Jahr erteilt. “Eine gewisse Fehlerhäufigkeit ist da normal.” Das liege an der komplizierten Gesetzeslage. Und auch der Personalwechsel trage zu Fehlern bei. Lediglich die Hälfte der 400 Mitarbeiter habe bereits vor zwei Jahren im Jobcenter gearbeitet, schätzt seine Stellvertreterin.

Die Fluktuation unter den Mitarbeitern ist hoch. Auch die SPDler verließen das Gebäude schon bald wieder. Nur viele der Arbeitslosen kommen immer wieder

Quelle: taz.de – 11.03.2009 – von ALL
Link zum Pressebericht: www .taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/?dig=2009%2F03%2F11%2Fa0133&cHash=fb47538a8e

S 6 SO 1867/07 – Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII

Freitag, März 6th, 2009

Bevor ein Sozialhilfeträger die Kosten für die Bestattung auf der Grundlage des § 74 SGB XII in voller Höhe zu übernehmen hat, hat der Hilfesuchende, einem Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.06.2008 – S 6 SO 1867/07 folgend, zunächst zu versuchen, bestehende Ersatzansprüche gegen Miterben geltend zu machen. Dies ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts eine Forderung aus dem Grundsatz des Nachrangs von Sozialhilfemitteln.

Die Beteiligten des vor dem Sozialgericht Freiburg geführten Klageverfahrens stritten über die Gewährung von Sozialhilfe zur Übernahme von Bestattungskosten. Die Klägerin ist Witwe ihres verstorbenen Ehemannes und hat neben dessen sechs Kindern zu ein Halb geerbet. Sie verlangt vom Beklagten, dem zuständigen Sozialhilfeträger, die Übernahme der gesamten Bestattungskosten, die anlässlich der Bestattung ihres Ehemannes entstanden sind. Die Klägerin selbst ist mittellos. Der Beklagte gewährte nur die Übernahme der hälftigen Kosten, entsprechend des Anteils der Klägerin am Erbe. Bezüglich des weiteren hälftigen Anteils verwies der Beklagte die Klägerin auf Ersatzansprüche gegen die Miterben. Die Klägerin hält dies für unzulässig und verweist auf ihre Verpflichtung zur Bestattung nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das Sozialgericht Freiburg stellt zunächst fest, dass die Klägerin zum Kreis der zur Kostentragung ihres verstorbenen Ehemannes Verpflichteten gehört. Da die Klägerin jedoch nur Erbin bezüglich eines hälftigen Anteils geworden sei, habe sie letztlich auch nur die Hälfte der Bestattungskosten zu tragen. Die Klägerin sei daher, so das Gericht, verpflichtet, bezüglich der anderen Hälfte die Miterben in Anspruch zu nehmen. Erst dann, wenn dies endgültig gescheitert sei, könne die Klägerin in voller Höhe Hilfe nach § 74 SGB XII in Anspruch nehmen. Hieran ändert nach Ansicht der erkennenden Kammer auch die Bestattungspflicht entsprechend jeweiliger landesrechtlicher Vorschrift nichts. Denn diese Bestattungspflicht führe nur zur Bestattungspflicht und nicht zur Kostentragungspflicht. Das Gericht wies die Klage daher bezüglich der Übernahme der weiteren Hälfte ab.

Quelle: lexisnexis.de – 06.03.2009 – Von Reinhild Gotzen
Link zum Pressebericht: www .lexisnexis.de/aktuelles/oeffentliche-institutionen/156471/sg-freiburg-uebernahme-von-bestattungskosten-nach-74-sgb-xii