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Der Euro im »Ein-Euro-Job« ist grundsätzlich pfändbar

Freitag, Juni 12th, 2009

Beschluss des LG Bautzen zur Entschädigung von Mehraufwendungen nach §16 d SGB II.
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen hatte kürzlich in einer Beschwerdeentscheidung darüber zu befinden, ob die Entschädigung für Mehraufwendungen nach § 16 d Sozialgesetzbuch II (1,- Euro; Stichwort: »Ein–Euro–Jobs«) der Pfändung unterliegen.

Die Kammer hat dies bejaht (Entscheidung vom 28. April 2009; AZ: 3 T 24/09).

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

Der Schuldner war in den vergangenen Jahren zwei damals minderjährigen Kindern unterhaltsverpflichtet. Da er diesen Verpflichtungen nicht im vollem nachgekommen war, zahlte der Freistaat, vertreten durch den Landkreis aufgrund gesetzlicher Verpflichtung an die Kinder Unterhaltsvorschuss. Durch die Unterhaltsvorschusszahlungen sind die Ansprüche der Kinder auf den Freistaat, vertreten durch den Landkreis übergegangen und wurden nun wiederum gegenüber dem Schuldner vollstreckt.

Der Schuldner bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, nämlich die Regelleistung (351,- Euro) und einen Zuschlag für die Kosten der Unterkunft (268,- Euro).

Das zuständige Vollstreckungsgericht hatte zwar den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, jedoch die Erstreckung auf die Entschädigung für Mehraufwendungen nach § 16 d SGB II abgelehnt. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Gläubigers (Freistaat, vertr. d. d. LK).

Aus den Gründen:

Wegen bevorrechtigten Unterhalts ist das Einkommen des Schuldners ohne Beschränkungen des § 850 c Zivilprozessordnung (ZPO) pfändbar. Es sind dem Schuldner nur solche Mittel zu belassen, die er für seinen notwendigen Unterhalt benötigt (Regelleistung und Kosten für Unterkunft), nicht aber die Entschädigung für Mehraufwendungen im sog. »Ein–Euro–Job«, die der Pfändung nach § 850 d ZPO unterfallen, da es sich weder um unpfändbare Bezüge nach § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I bzw. § 850 a Nr. 3 ZPO handelt ( a ), noch solche Entschädigungen per se zu einer Erhöhung des pfändungsfreien Betrages unterfallen ( b ).

a)
Eine Unpfändbarkeit ergibt sich aus § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I nicht, da eine Unpfändbarkeit insoweit auf Geldleistungen beschränkt ist, die dafür bestimmt sind, durch Körperschaden bedingte Mehraufwendungen auszugleichen. Eine derartige Aufwandsentschädigung ist nicht Gegenstand des § 16 d SGB II.

Dem Pfändungsverbot des § 850 a Nr. 3 ZPO unterfällt die Mehraufwendungsentschädigung nicht, da es sich um kein zweckgebundenes Einkommen bzw. um keinen Einkommensbestandteil im Rahmen eines dauerhaften Vertragsverhältnisses handelt, also um gesondert ausgewiesene spesenähnliche Aufwandsentschädigungen neben dem Verdienst, ebenso wenig um Entschädigungen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit, sondern um öffentliche Unterstützungszahlungen zur Eingliederung von arbeitslosen Personen. Weder in ihrer Höhe noch nach ihrem Zweck stellt die Entschädigung ein Entgelt für Arbeitstätigkeit dar (vgl. auch LG Bautzen, Beschluss vom 05. Februar 2009, AZ: 3 T 116/08; unveröffentlicht).

b)
Eine Erhöhung des pfändbaren Betrages nach § 850 f lit. b ZPO kam im zu entscheidenden Fall nicht in Betracht, da eine solche besondere, den Durchschnitt erheblich übersteigende Bedürfnisse voraussetzt, die konkret nachzuweisen sind. Nähere Angaben des Schuldners hierzu fehlten.

Auf die Beschwerde des Gläubigers wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss somit dahingehend abgeändert, dass die Pfändung sich nunmehr auch auf die Zahlung einer Entschädigung für Mehraufwendungen nach § 16 d SGB II erstreckt.

Quelle: Presse Landgericht Bautzen – Diese Entscheidung ist endgültig.

Kommentar Sozialticker: … dies ist wieder einer der Entscheidungen, wo Gesetze sich beißen, Hartz IV über Recht und Ordnung steht und sich Gerichte der Willkür bedienen. Man muss sich die Situation bildlich vorstellen: Da wird ein Mann zur Arbeit gezwungen (§31 SGB II), was im Sinne des Gesetzes eigentlich keine Arbeit ist, sondern nur eine Arbeitsgelegenheit (§16 SGB II).

Dieser Mann hat zur Durchführung einen gesetzlich vorgesehenen Anspruch auf Entschädigung seiner Mehraufwendungen – welche wohl als zweckgebunden anzusehen sind, daher werden diese auch nur beim EEJ gezahlt ( Urteil, Landgericht Dresden, Az: 3 T 233/08 ) – und nun kommt da ein Gericht und “klaut” dem Mann diesen Anspruch und greift damit in den Regelsatz ein, welcher gesetzlich definiert ist.

Die nun anfallenden Mehraufwendungen aus der Zwangszuweisung zum Ein Euro Job, muss er nun aus eigener Tasche zahlen. Als Sklave hätte dieser Mann noch was zum essen bekommen, als Sklave dieses Systemes, bekommt er nicht mal das zugestanden … und ein Recht zur Wehr verbaut man mit der “Endgültigkeit” im gleichen Atemzug.

So ist Hartz IV live … ein gerichtlich ausgelebter Spaß zur Quälerei von Menschen in dieser geschichtlich wiederholenden Epoche.

Quelle: sozialticker.com – 09.05.2009 – Von Steinbock
Link zum Pressebericht: www .sozialticker.com/der-euro-im-ein-euro-job-ist-grundsaetzlich-pfaendbar_20090509.html

Hartz IV: Viele schaffen den Absprung nicht

Dienstag, März 24th, 2009

Arbeitslosigkeit unter Geringqualifizierten – ungelöstes Problem
Fast 80 Prozent der Hartz-IV-Empfänger sind laut einer neuen Studie bereits länger als ein Jahr auf staatliche Hilfe angewiesen. Trotz des beispiellosen Aufschwungs auf dem Arbeitsmarkt ist die Arbeitslosigkeit unter Geringqualifizierten nach wie vor ein ungelöstes Problem.

Im Dezember 2007 bezogen acht von zehn Empfängern des Arbeitslosengelds II die staatliche Unterstützung mindestens zwölf Monate am Stück. Das ergab eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Jeder zweite Bezieher blieb sogar noch deutlich länger auf Unterstützung angewiesen: Drei von sechs Millionen Menschen bekamen das Arbeitslosengeld II durchgehend seit seiner Einführung im Januar 2005. Fast jeder fünfte Deutsche hat in dieser Zeit mindestens einen Monat lang auf die Hilfe zurückgreifen müssen.

Die jüngsten Erfolge auf dem deutschen Arbeitsmarkt gingen also an vielen Hartz-IV-Beziehern vorbei. Während die Zahl der Arbeitslosengeld-I-Empfänger auf unter 1 Million gesunken ist, leben noch immer knapp 5 Millionen Menschen vom Arbeitslosengeld II. Das liegt laut Institut der deutschen Wirtschaft IW nicht zuletzt an fehlenden Anreizen, wieder ins Erwerbsleben einzusteigen. Warum auch, wenn das neue Einkommen nur geringfügig über der Stütze liegt? Wenn die Betroffenen arbeiten gehen, müssen sie sich nicht nur damit abfinden, dass ihnen die Transferleistungen gekürzt werden. Sie müssen auch Sozialabgaben und – ab einer bestimmten Einkommenshöhe – Steuern entrichten.

Mehr Arbeitsanreize würden dem IW zufolge entstehen, wenn kleine Einkommen weniger mit Steuern und Angaben belastet würden und mehr von der staatlichen Hilfe übrig bliebe. Um den Schritt ins Berufsleben zu erleichtern, müssten die bereits bestehenden Zuverdienstmöglichkeiten weiter ausgebaut werden. In die falsche Richtung wiesen hingegen Mindestlöhne, die die ohnehin geringen Erwerbschancen der Geringqualifizierten noch mehr gefährden. Zwar könne der Staat eine untere Lohngrenze festlegen, er könne aber die Arbeitgeber nicht zwingen, zu diesen Löhnen Mitarbeiter einzustellen. So blieben viele Stellen vakant, die sonst Arbeitlose aus der staatlichen Abhängigkeit geholt hätten.

Quelle: cms.frankfurt-live.com – 17.03.09 – Von hbh
Link zum Pressebericht: cms.frankfurt-live.com/front_content.php?idcat=10&idart=32595

Hartz IV – Bedarf bei Vollzeit-Arbeitnehmern wächst

Dienstag, März 24th, 2009

Zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit oder Systemfehler. Die Formulierungen der Betroffenen für die eigene Situation könnten unterschiedlicher nicht sein.
Eines eint die Gedanken der Berufstätigen jedoch, die trotz einer Vollzeit-Anstellung auf die Sozialleistung angewiesen sind, um das eigene Leben finanzieren zu können. Dabei variieren die Zahlen dieser Arbeitnehmer, die mit dem Job allein nicht das Leben bewältigen können, zwischen Großstädten und anderen Regionen nicht so deutlich, wie man es vielleicht zunächst vermuten mag.

Dass es Teilzeitstellen auf dem deutschen Arbeitsmarkt gibt, in denen die Arbeitnehmer möglicherweise zusätzliche Leistungen wie eben Hartz IV zur Aufstockung nutzen müssen, mag noch in gewisser Weise einleuchtend zu sein. Von früh morgens bis abends einer Arbeit nachzugehen, ohne davon leben zu können, lässt jedoch das Unverständnis bei den Hartz IV-lern schwelen.

Unverständnis darüber, dass es Menschen gibt, die keine Arbeit haben, unter dem Strich aber dennoch kaum weniger monatliche Einkünfte haben als sie selbst. Aus Sicht von Sozialexperten droht Deutschland durch diese Problematik einerseits eine steigende Frustration unter den Aufstockern unter den Arbeitnehmern.

Zudem wächst die Unzufriedenheit unter den immerhin 1,5 Millionen Menschen, die Hartz IV trotz Gehalt kassieren, weil andere ähnliche Finanzmittel haben, ohne einer Arbeit nachzugehen. So sorgt Hartz IV mit seinen Knackpunkten für Konfliktpotenzial in der Gruppe der Hartz IV-Empfänger indirekt selbst.

Quelle: bafoeg-aktuell.de – 16. Mrz. 2009 – Von Redaktion
Link zum Pressebericht: http://www .bafoeg-aktuell.de/News/2009/03/16/hartz-iv-bedarf-bei-vollzeit-arbeitnehmern-waechst/