Posts Tagged ‘Hartz IV’

Immer mehr Menschen arm trotz Arbeit

Dienstag, Januar 27th, 2009

700 Millionen Euro für regionale Aufstocker aus Steuergeldern
Immer mehr Beschäftigte in Berlin und Brandenburg verdienen so wenig, dass sie ihren Lohn mit Hartz IV aufstocken müssen. Mitte 2008 waren es 184.667 (111.725 davon Berlin und 72.942 Brandenburg) Beschäftigte. Damit ist beispielsweise in Berlin jede/r vierte Hartz IV-Empfänger/in erwerbstätig. Die Lohndrückerei von Unternehmen gleicht der Staat mit Steuergeldern aus: Dafür müssen Berlin und Brandenburg rd. 700 Millionen Euro p.a. aufwenden, damit Beschäftigten die Existenz gesichert wird.

Allein 55.232 (30.944 Berlin und 24.288 Brandenburg) Arbeitskräfte in unserer Region Berlin-Brandenburg gingen einer Vollzeitbeschäftigung nach, ohne davon leben zu können. Sie waren arm trotz Erwerbstätigkeit. Hinzu kommen 35.239 (Berlin 23.075, Brandenburg 12.164) Teilzeitkräfte mit sozialversichertem Job, die mehr als 400 € im Monat verdienten. Auch sie zahlen Sozialbeiträge, ohne von ihrer Arbeit leben zu können. Für die vollzeitnahen Beschäftigten mit Verdiensten von über 800 € muss – nach Berechnungen des DGB – der Armutslohn im Schnitt durch Hartz IV um gut 500 € im Monat aufgestockt werden, damit das gesellschaftliche Existenzminimum sichergestellt werden kann. Allein für diese Niedriglohnempfänger mit Vollzeitjob in Berlin muss der Staat über Hartz IV monatlich rd. 16,4 Millionen Euro zuschießen, für Brandenburg sind es rd. 12,8 Millionen. Nahezu der gleiche Betrag muss noch einmal für die sozialversicherten Teilzeitkräfte aufgewendet werden. „Insgesamt muss der Staat die Armutslöhne in Berlin-Brandenburg monatlich mit mehr als 58 Millionen Euro subventionieren, also 696 Millionen im Jahr, das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal“ so DGB-Vize Zinke.

Der Staat subventioniere insbesondere einzelne Branchen mit hohem Verarmungsrisiko der Erwerbstätigen. Vollzeitbeschäftigte Hartz IV-Empfänger und damit auch die Hartz IV-Leistungen für Erwerbstätige konzentrieren sich auf die Leiharbeitsbranche, das Gastgewerbe sowie das Verkehrsgewerbe. Die Zunahme dieser erwerbstätigen Aufstocker im vergangenen Aufschwung belege, dass einige Unternehmen die Löhne drücken, weil es Hartz IV als Zuzahlung gibt. Der Druck, jede Arbeit annehmen zu müssen, fördere Lohndumping, kritisierte Zinke: „In Deutschland haben wir deshalb einen der größten Niedriglohnsektoren in der EU, ein Armutszeugnis für unser reiches Land.“

Die Gewerkschaften fordern den Mindestlohn von mindestens 7,50 €* pro Stunde als unterste Haltelinie gegen Lohndumping Die Einführung eines Mindestlohnes habe auch in anderen EU-Ländern keine Jobs vernichtet. Im Gegenteil: „Wenn die Beschäftigten ordentlich bezahlt werden, können sie sich auch mehr leisten und stützen so die Konjunktur“, so Zinke.

Quelle: Presse DGB Berlin Brandenburg

* Kommentar Sozialticker: … viel zu wenig, denn damit erreicht man noch nicht einmal die Untergrenze der Armutstabelle. Hier sollte der DGB noch einmal recherchieren und neue Forderungen stellen, welche dem realen Leben angepasst sind, denn mit 7,50 Euro bedarf es weiterhin an Sozialleistungen – Hartz IV.

Quelle: sozialticker.com – 23. Januar 2009 – Von Steinbock
Link zum Pressebericht: www .sozialticker.com/immer-mehr-menschen-arm-trotz-arbeit-700-millionen-euro-fuer-regionale-aufstocker-aus-steuergeldern_20090123.html

Regierung will Sozialgesetze nicht nachbessern

Montag, Januar 26th, 2009

Berlin – Die Bundesregierung sieht trotz der Klagewelle von Hartz-IV-Empfängern keinen Grund, die umstrittenen Sozialgesetze nachzubessern. Es sei das “gute Recht der Betroffenen, ihr Recht zu suchen”, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin.

Er verwies darauf, dass rund sieben Millionen Menschen Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch bekämen, da werde es “immer Klagen geben”. Allerdings sei das Ministerium bemüht, die Anwendung der Sozialgesetzgebung zu verbessern und die Entscheidungen der Gerichte in die Arbeit der Ämter einfließen zu lassen.

Nach Angaben des Bundessozialgerichts reißt vier Jahre nach dem Inkrafttreten von Hartz IV die Klagewelle gegen die umstrittene Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe nicht ab. So gingen im vergangenen Jahr 174 618 neue Verfahren bei den erstinstanzlichen Sozialgerichten ein – gut 38 000 mehr als 2007. Das entspricht einem Zuwachs um knapp 28 Prozent. Am häufigsten wird über die Kosten der Unterkunft, die Anrechnung von Einkommen oder die Sanktionen gegen Leistungsempfänger gestritten.

Die stellvertretende Gerichtspräsidentin Ruth Wetzel-Steinwedel hatte kritisiert, dass die Behörden die Urteile der Sozialgerichte oft ignorieren würden. “Das wird vielfach einfach nicht zur Kenntnis genommen.” Offenbar fehle bei den Behörden der Druck, sich nach den Grundsatzentscheidungen zu richten: “Ein Teil unserer Entscheidungen kommt oft gar nicht dort an, wo er ankommen soll.” Die Bundesagentur für Arbeit (BA) wies diesen Vorwurf gestern umgehend zurück.

Die Aussagen seien nicht nachvollziehbar, erklärte die Bundesagentur am Freitag in Nürnberg. Alle Änderungen durch den Gesetzgeber oder höchstrichterliche Entscheidungen “wurden und werden durch die BA umgesetzt. Das gelte auch für Hartz-IV-Fälle, hieß es in einer Erklärung.

Quelle: welt.de – 24. Januar 2009 – Von AP
Link zum Pressebericht: www .welt.de/welt_print/article3081823/Regierung-will-Sozialgesetze-nicht-nachbessern.html

DGB fordert grundsätzliche Korrekturen an Hartz IV

Montag, Januar 26th, 2009

“Komplizierte Details”, “unzumutbare Zumutbarkeitsregeln” und ein “bürokratisches Monster”: Die Kritik des Deutschen Gewerkschaftsbundes an der Hartz-IV-Gesetzgebung ist deutlich und die Schlussfolgerung klar. Die Regierung muss die Gesetze komplett auf den Prüfstand stellen. Mit dieser Forderung ist der DGB nicht allein.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB hat seine Forderung nach grundsätzlichen Korrekturen der Hartz-IV-Gesetze bekräftigt. „Die hohe Zahl der Klagen ist eine deutliche Aufforderung an den Gesetzgeber, Hartz IV komplett auf den Prüfstand zu stellen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der „Passauer Neuen Presse“.
Dies gelte nicht nur für komplizierte Details wie bei den Anrechnungsmodalitäten, sondern „auch und nicht zuletzt für die unzumutbaren Zumutbarkeitsregeln“, erklärte Buntenbach.

Es sei absehbar gewesen, dass Hartz IV zu „einem bürokratischen Monster“ werde. „Es ist nur nachvollziehbar und gerechtfertigt, dass sich die Betroffenen zur Wehr setzen, weil sie extrem unter Druck gesetzt werden, ohne dass ihnen eine ausreichende Perspektive auf dem Arbeitsmarkt geboten wird“, erklärte sie.
Angesichts eines Rekords bei Klagen gegen Hartz IV hatte zuletzt das Bundessozialgericht (BSG) Nachbesserungen bei der Reform gefordert. 2008 gab es bei den Sozialgerichten der 1. Instanz bundesweit rund 174.618 neue Verfahren, 2007 waren es noch 136.614 Klagen und einstweilige Rechtsschutzverfahren gewesen.

Quelle: welt.de – 24. Januar 2009
Link zum Pressebericht: www .welt.de/politik/article3082774/DGB-fordert-grundsaetzliche-Korrekturen-an-Hartz-IV.html