Mehr als 100 Fälle von Mietbetrug mit Hartz-IV-Beziehern

llegale Wohnungen vermehrt an Arbeitslose vermietet – Immobilienunternehmer und CDU-Politiker Kuhlmann im Visier

In Hamburg häufen sich die Fälle von Mietbetrug, bei denen heruntergekommene Wohnungen oder sogar Keller- und Lagerräume, die nicht zum Bewohnen zugelassen sind, an Hartz-IV-Empfänger vermietet werden. Die Räume werden oft von ehemals Obdachlosen oder Drogenabhängigen bewohnt, die sich selbst nicht bei den Behörden melden. Die Mieten werden aber vom Hartz-IV-Träger team.arbeit-hamburg und damit mit Steuergeld bezahlt. Von mehr als 100 Fällen solcher betrügerischen Vermietungen spricht team.arbeit.

Die aktuelle Diskussion entzündet sich an einem neuen Fall, der jetzt bekannt wurde. Der Hamburger Immobilienunternehmer Thorsten Kuhlmann, der schon im Februar wegen heruntergekommener Wohnungen in die Schlagzeilen geriet, soll jetzt Kellerräume illegal als Wohnungen vermietet haben. Das Bezirksamt Mitte bestätigte einen entsprechenden Bericht der Obdachlosenzeitung “Hinz&Kunzt”. Auch hier wurden die Mieten von team.arbeit übernommen.

Die Kellerräume in einem Haus in Horn hatten dem Bericht zufolge keine Fenster oder solche mit dicken Gitterstäben. Auch sollen Fluchtwege gefehlt haben. Bezirkssprecher Lars Schmidt erklärte, dass diese Räume gar kein Wohnraum seien. Deshalb müsste der Bezirk die Mitarbeiter der Bauprüfung einsetzen. Wenn die Mängel nicht beseitigt würden, könnte der Bezirk eine Nutzungsuntersagung anordnen, die bei Gefahr für Leib und Leben auch sofort vollzogen werden könnte.

Kuhlmann habe dem Bezirk gegenüber aber angekündigt, die Räume wohngerecht umzubauen. Entsprechende Anträge lägen aber bisher nicht vor – der Bezirk hat dem Vermieter jetzt bis Mitte des Monats eine letzte Frist gesetzt. Andernfalls werde man die Nutzung der Räume untersagen, so Schmidt. Ein weiterer Fall soll sich in einem Wohnhaus in Wilhelmsburg abgespielt haben, dort versicherte Kuhlmann aber laut Bezirk, dass in den fraglichen Räumen niemand wohne.

Meist werde der Bezirk erst durch Medienberichte auf solche Fälle aufmerksam, ergänzte Schmidt. Die Betroffenen selbst meldeten sich nicht, aus Furcht, ihre Wohnung zu verlieren – selbst wenn es sich dabei nur um einen Kelleraum handle.

Die Dramatik der Fälle liegt eben auch darin, dass der Bezirk die illegalen Wohnungen nicht ohne Einverständnis der Mieter oder des Vermieters besichtigen kann. Doch auch die Arbeitsgemeinschaft team.arbeit kann den Wohnraum nicht überprüfen. Sie zahle zwar die Miete, könne aber nicht alle Wohnungen selbst in Augenschein nehmen, wie Sprecher Horst Weise erklärt. Das Gesetz sehe vor, dass sich die Leistungsbezieher selbst eine Wohnung suchen. Mehr als 100 000 Wohnungen in der Hansestadt würden von Leistungsbeziehern des Sozialgesetzbuches bewohnt. “Der Zustand der Wohnungen liegt aber einzig in der Hand des Bezirks”, betont Weise. Bei dem Fall in Wandsbek habe man den Mietern schnell Ersatzwohnraum beschaffen können, bei dem neuen Fall sei dieses aber nicht so einfach möglich. “Wir sind nun einmal keine Wohnraumvermittlung”, sagt Weise.

Nachdem aber mit dem Vermieter keine gütliche Einigung mehr möglich zu sein scheint, bereitet jetzt der Anwalt von team.arbeit.hamburg Klagen gegen Kuhlmann wegen Mietbetruges vor. Neben der zivilrechtlichen Klage laufen auch strafrechtliche Ermittlungen gegen den CDU-Politiker, so team.arbeit.

Schon im Februar sorgte ein Fall in Wandsbek für Schlagzeilen: In einem heruntergekommenen Mietshaus wurden Wohnungen an Hartz-IV-Empfänger vermietet, für die ebenfalls die Arbeitsgemeinschaft aufkam. “Es ist beschämend, dass auf solche Art und Weise die Wohnungsknappheit in Hamburg ausgenutzt wird”, sagte Bezirkschef Markus Schreiber (SPD) der WELT. “Schnellere rechtliche Möglichkeiten wären wünschenswert.”

Kuhlmannn war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Der Immobilienunternehmer ist Hamburger CDU-Mitglied. In Osdorf war er stellvertretender Ortsvorsitzender und Deputierter – bis er im Februar von seinen Ämtern zurücktrat. Sein Ortsvorsitzender, der Bürgerschaftsabgeordnete Robert Heinmann, distanziert sich deutlich: “Ich sehe das mit großer Besorgnis. Es darf nicht sein, dass jemand sich auf eine solche Weise bereichern kann.” In der Partei habe Kuhlmann stets das Bild eines vernünftigen, bodenständigen Mannes abgegeben. Aber eines sei sicher: “Die Partei wird ihn nicht mehr für ein Amt aufstellen.”

Quelle: welt.de – 08.09.10 – Von Florian Hanauer
Link zum Pressebericht: www .welt.de/die-welt/regionales/hamburg/article9471734/Mehr-als-100-Faelle-von-Mietbetrug-mit-Hartz-IV-Beziehern.html

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