Lauter Gewinner – bis auf die Bürger


Das Konjunkturpaket II begeistert seine Erfinder. Doch die Wirkungen werden eher begrenzt sein.
Da hatten die Unterhändler der großen Koalition in den vergangenen Tagen den Mund wohl etwas voll und den Taschenrechner nicht zur Hand genommen. Immer neue Vorschläge, wie sich die Bürger entlasten ließen, zauberten sie aus ihren Schubladen, immer optimistischer wurden die Versprechungen. Nun ist das Verhandlungsergebnis da und die Überraschung groß. Denn von den vollmundigen Ankündigungen blieben jeweils nur Teile übrig.

Das konnte nicht passen
Das Grundproblem: Die Schwadroneure hatten vergessen, dass sie als Obergrenze des Konjunkturpakets II eine Summe von 50 Milliarden Euro anstrebten– für zwei Jahre, wohlgemerkt! Die Berechnungen aber verselbstständigten sich. Zehn Milliarden Euro sollten in die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge fließen– jährlich. Denselben Betrag beanspruchte die von der CSU getriebene Union für die Steuerentlastung. Das wären schon 40 Milliarden Euro gewesen. Dazu das öffentliche Investitionsprogramm, der Kinderbonus, die Aufbesserung der Hartz IV-Sätze – das konnte nicht passen.

Nun also alles eine Nummer kleiner. Der Beitrag für gesetzlich Krankenversicherte sinkt nur um 0,6 Prozentpunkte, was neun Milliarden kostet. (Interessanterweise ergaben in den Verhandlungen zehn Milliarden Euro immer eine Senkung um einen vollen Prozentpunkt– wo ist der Rest geblieben?). Neben der Erhöhung des Grundfreibetrages bei der Einkommensteuer, der etwa 4,30 Euro pro Monat bringt, wirkt sich auch die Senkung des Eingangssteuersatzes kaum aus. Beide Maßnahmen verschärfen sogar noch die so genannte kalte Progression. Dabei hatte die Union angekündigt, vor allem hier anzusetzen. Am besten und vor allem am spürbarsten – das ist erfreulich– kommen Familien weg: Sie erhalten pro Kind einmalig 100 Euro. Für Hartz-IV-Familien werden die Regelsätze für Kinder um rund 15 Prozent angehoben.

Zweifelhafte Steuerentlastung
Trotzdem werden sich die Urheber des Flickenteppichs ihre Erfolge herausstreichen. Die SPD hat den Kinderbonus durchgedrückt und die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge; die CDU hat das Bürgschaftsprogramm für die Industrie initiiert und einen Teil der Sozialbeiträge als Entlastung für die Arbeitgeber gerettet. Und die CSU wird sich der Steuerentlastung rühmen– obwohl die am zweifelhaftesten ist.

Dabei hatte die CSU in den vergangenen Wochen am lautesten auf die Pauke gehauen und erfolgreich den Eindruck erweckt, sie habe sich durchgesetzt– erst im Gefecht mit der Schwesterpartei CDU, dann auch in der Koalition. Nun wird erkennbar, dass vieles Theaterdonner geblieben ist. Denn gerade von der Abschwächung oder gar Abschaffung des so genannten Mittelstandsbauchs im Steuertarif kann keine Rede sein. Die kalte Progression wird nicht gemildert.

Die Herausforderung für den neuen CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer ist es, auch ohne die absolute Mehrheit früherer Zeiten im Rücken darzustellen, dass seine Partei immer noch eine Sonderstellung in der politischen Landschaft verdiene. Fast wäre ihm dies gelungen– wenn nicht die Ergebnisse des gestrigen Abends so halbherzig und gerade im Steuerbereich so dürftig gewesen wären.

Quelle: focus.de – 13.01.09 – Von FOCUS-Korrespondent Henning Krumrey
Link zum Pressebericht: www .focus.de/politik/deutschland/mitten_aus_berlin/mitten-aus-berlin-lauter-gewinner-bis-auf-die-buerger_aid_361723.html

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