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S 6 AS 844/08 – Anwendbarkeit des § 44 SGB X im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Freitag, März 6th, 2009

§ 44 SGB X, der eine Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte ermöglicht, ist nach Ansicht des Sozialgerichts Augsburg , Urteil vom 28.10.2008 – S 6 AS 844/08, auch im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende anwendbar. Dies lasse sich, so das erkennende Gericht, u.a. auch aus dem Verweis des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II auf § 330 Abs. 1 SGB III herleiten.

Zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits war ein Anspruch des Klägers auf Zurücknahme eines Ablehnungsbescheides im Wege des § 44 SGB X streitig und damit verbunden ein Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Beklagte, der zuständige Leistúngsträger nach dem SGB II, hatte dem Kläger zu Unrecht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende verwehrt. Der Kläger hatte sich gegen den Versagungsbescheid mittels Widerspruch gewehrt. Gegen den gleichfalls ablehnenden Widerspruchsbescheid ist der Kläger nicht mehr vorgegangen. Er stellte vielmehr einige Monate später einen Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X hinsichtlich des Ablehnungsbescheides. Diesen lehnte der Beklagte ab.

Nach Ansicht des Sozialgerichts Augsburg hat der Kläger einen Anspruch auf Zurücknahme des Ablehnungsbescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch sei § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB X. § 44 SGB X findet nach Ansicht des Gerichts auch im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung, wie bereits die Verweisung in § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II auf § 330 SGB III zeige. Die Korrektur eines Verwaltungsaktes sei, so die Kammer, selbst dann nach § 44 SGB X zwingend vorgesehen, wenn der nun zu korrigierende Bescheid in einem Rechtsbehelfsverfahren judizielle Bestätigung gefunden habe. Ein früherer erfolgloser Widerspruch oder eine erfolglose Anfechtungsklage hindere also nicht die spätere Rücknahme des Bescheids über § 44 SGB X. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts waren die Voraussetzungen des § 44 SGB X gegeben, da der Beklagte bei seiner Ablehnung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war. Vor diesem Hintergrund kam das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass der Ablehnungsbescheid aufzuheben war und dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bewilligen waren.

Quelle: lexisnexis.de – 06.03.2009 – Von Reinhild Gotzen
Link zum Pressebericht: www .lexisnexis.de/aktuelles/oeffentliche-institutionen/156467/sg-augsburg-anwendbarkeit-des-44-sgb-x-im-leistungsrecht-der-grundsicherung-fuer-arbeitsuchende

L 7 B 605/08 AS ER – Kosten der Unterkunft im SGB II bei vorübergehender Inhaftierung

Donnerstag, März 5th, 2009

Eine vorübergehende Inhaftierung hat nach Ansicht des Landessozialgerichts Bayern, Beschluss vom 20.08.2008 – L 7 B 605/08 AS ER, keine Auswirkungen auf den Anspruch des Mitbwohners bezüglich der vom Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewährenden Kosten der Unterkunft. Nach Ansicht des erkennenden Senats hat vielmehr der Inhaftierte einen eigenen Anspruch geltend zu machen.

Die Antragstellerin begehrte mit ihrem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem SGB II. Die Antragstellerin erhielt zusammen mit einer weiteren Person als Bedarfsgemeinschaft Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dabei erhielt sie und die weitere Person als Kosten der Unterkunft je 233,- EUR, was jeweils die Hälfte der tatsächlichen Miete ausmacht. Das weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wurde voraussichtlich für sechs Monate inhaftiert. Der Antragsgegner, der zuständige Leistungsträger nach dem SGB II, bewilligte der Antragstellerin gleichwohl nur die Hälfte der Mietkosten. Hiermit ist die Antragstellerin nicht einverstanden. Sie verweist darauf, dass der Vermieter die volle Miete verlange, die sie jedoch nicht zahlen könne. Zudem sei der Inhaftierte nicht mehr Mitglied der Bedarfsgemeinschaft.

Das Landessozialgericht Bayern betont in seinem Beschluss, es komme nicht entscheidend darauf an, ob der bisherige Mitbewohner trotz seiner Inhaftierung weiterhin als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft anzusehen sei. Wesentlich sei vielmehr, dass der Inhaftierte wegen des nur vorübergehenden Aufenthaltes als Mitbewohner gelte und deshalb die tatsächlich anfallenden Wohnkosten entsprechend der Kopfzahl aufzuteilen seien. Eine Erstattung der auf den Inhaftierten entfallenden Kosten der Unterkunft sei grundsätzlich von diesem geltend zu machen. In der seit dem 01.08.2006 geltenden Fassung des § 7 Abs. 4 SGB II müsse dieser Anspruch, so der Senat, ohnehin gegen den Sozialhilfeträger und nicht gegen den Antragsgegner gerichtet werden. Eine Anspruchsgeltendmachung nach § 38 SGB II scheide daher auch aus. Das Gericht vermochte demnach in der Sache der Antragstellerin den begehrten Anspruch nicht zu zusprechen.

Quelle: lexisnexis.de – 03.03.2009 – Von Reinhild Gotzen
Link zum Pressebericht: www .lexisnexis.de/aktuelles/oeffentliche-institutionen/156115/lsg-bayern-kosten-der-unterkunft-im-sgb-ii-bei-voruebergehender-inhaftierung

B 4 AS 47/08 R – Abfindungen aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich sind zu berücksichtigendes Einkommen

Donnerstag, März 5th, 2009

Der 4. Senat des BSG hat entschieden, dass die in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung beim Alg II als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen ist. Der Grundsicherungsträger durfte die Abfindungsteilzahlungen bei der Berechnung des Alg II des Klägers als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat im SGB II – anders als noch bei dem bis Ende 2004 für die Arbeitslosenhilfe geltende Recht – bewusst darauf verzichtet, Abfindungszahlungen zu privilegieren und sie bei der Ermittlung des Bedarfs von der Anrechnung als Einkommen auszunehmen.
Der Kläger übte bis Juni 2003 eine Beschäftigung aus. Seither ist er arbeitslos. Im Kündigungsschutzprozess gegen seinen früheren Arbeitgeber schloss er mit diesem vor dem Arbeitsgericht im April 2005 einen Vergleich. Darin verpflichtete sich der Arbeitgeber, ihm eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 6.500 Euro zu zahlen. Auf den titulierten Abfindungsanspruch zahlte der Arbeitgeber erst im Oktober und November 2006 Beträge über 1.750 Euro und 2.000 Euro, nachdem der Kläger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet hatte. Abfindungszahlungen fallen auch nicht unter die im SGB II berücksichtigungsfrei gestellten „zweckbestimmten Leistungen“. Das BSG versteht darunter Bestimmungen über den gesetzlichen oder privatrechtlichen Verwendungszweck. An einem solchen besonderen Verwendungszweck fehlt es bei Abfindungen. Der Arbeitgeber zahlt die Abfindung, weil der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verloren hat und sich der Arbeitgeber zur Abfindungszahlung verpflichtet hat. Dem Arbeitgeber ist es aber gleichgültig, wie der Empfänger die Zahlung verwendet. (Entsch. v. 3. 3. 2009 – B 4 AS 47/08 R)

Quelle: Medieninformation des BSG Nr. 9 v. 3.3. 2009
Link zum Pressenericht: rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?docid=276994&docClass=NEWS&site=NJW&from=njw.root