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S 11 (9) AS 205/06 – Halber Mehrbedarf bei halber Erziehung

Freitag, März 6th, 2009

Halber Mehrbedarf bei Alleinerziehende mit Hartz IV Bezug bei halber Betreuungszeit. Der Senat des Bundessozialgerichtes in Kassel hat die Urteile des LSG und des SG aufgehoben. Die Vorinstanzen haben die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Entziehung auch des hälftigen Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu Unrecht abgewiesen.

Die Klägerin hat, obwohl sie sich in der Betreuung ihrer Tochter mit ihrem geschiedenen Ehemann abwechselt, Anspruch auf den hälftigen Mehrbedarf für Alleinerziehende mit ALG II Bezug. Der Mehrbedarf für Alleinerziehende ist ein zusätzlich zur Regelleistung gewährter Bestandteil des Arbeitslosengeldes II. Der Mehrbedarf wird unabhängig von der konkreten Höhe des Bedarfes in Form einer Pauschale gewährt. Das Gesetz geht insoweit von besonderen Lebensumständen aus, bei denen typischerweise ein erhöhter Bedarf vorliegt. Es regelt aber nicht ausdrücklich, wie hinsichtlich des Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu verfahren ist, wenn sich die Eltern die elterliche Sorge – wie im vorliegenden Fall – faktisch teilen, indem sie sich in der Betreuung des Kindes in zeitlichen Intervallen (hier: wöchentlich) abwechseln.

Der erkennende Senat folgt in solchen Fällen nicht dem “Alles-oder-Nichts-Prinzip”. Denn rechtlich ist es weder angemessen, hilfebedürftigen Arbeitslosen den Mehrbedarf wegen Alleinerziehung gänzlich zu versagen, noch ist es sachgerecht, ihnen den vollen Mehrbedarf zuzubilligen. Vielmehr ist die einschlägige Vorschrift nach ihrem Zweck auszulegen: Wechseln sich geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassenden zeitlichen Intervallen ab, und teilen sie sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig, steht Hilfebedürftigen ein hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende zu. SG Detmold – S 11 (9) AS 205/06 – LSG Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 41/07B 4 AS 50/07 R

Quelle: gegen-hartz.de – 04.03.09
Link zum Pressebericht: www .gegen-hartz.de/urteile/alleinerziehende9328.html

B 14 AS 166/07 B – Mehrbedarfszuschlag nach dem SGB II

Donnerstag, März 5th, 2009

Hinsichtlich der im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu gewährenden Mehrbedarfszuschläge kann nach Auffassung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 04.01.2008 – B 14 AS 166/07 B, auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge abgestellt werden. Die dort benannten Beträge aus dem Jahr 1997 sind jedoch nach Ansicht des höchsten deutschen Sozialgerichts auf das Bewilligungsjahr hochzurechnen.

Im Wege der Revision hatte sich das Bundessozialgericht mit dem Verlangen eines Klägers auf Gewährung eines höheren als des bewilligten Betrages wegen Mehrbedarfs aufgrund kostenaufwendiger Ernährung zu beschäftigen. Der Beklagte, der zuständige Leistungsträger nach dem SGB II, hatte dem Kläger wegen dessen Lactoseunverträglichkeit einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung i.H.v. 66,47 EUR monatlich gewährt. Hierbei hatte er sich auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1997 bezogen. Der Kläger hält den gewährten Betrag für nicht ausreichend. Der Beklagte verweist auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins, die die Gewährung einer höheren Zulage nicht zulassen würde.

Die Möglichkeit zur Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags wegen kostenaufwendiger Ernährung ergibt sich im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus § 21 Abs. 5 SGB II. Das Bundessozialgericht bestätigt zunächst in seiner Entscheidung die Anwendbarkeit der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostzulagen. Die zwar für das Sozialhilferecht entwickelten Grundsätze können nach Ansicht des Gerichts auch im Leistungsrecht der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung finden. Die in den Empfehlungen genannten Beträge aus dem Jahr 1997 sind jedoch nach Ansicht des Senats entsprechend hochzurechnen. Die Beträge aus dem Jar 1997 seien bis Ende 2004 fortzuschreiben und zwar insgesamt um 7,68 %. Ab dem Jahr 2005 habe sich eine weitere Fortschreibung der Beträge an den Fortschreibungen der Regelleistungen nach dem SGB II zu orientieren, weil es sachdienlich sei, die Pauschale nach dem SGB II insoweit einheitlich fortzuführen. Auf der Grundlage dieser Ausführungen kommt das Gericht zu dem Ergebnis, den Betrag für Lactoseintoleranz aus dem Jahr 1997 i.H.v. 66,47 EUR auf monatlich 71,58 EUR hochzurechnen.

Quelle: lexisnexis.de – 23.02.2009 – Von Reinhild Gotzen
Link zum Pressebericht: www .lexisnexis.de/aktuelles/oeffentliche-institutionen/155820/bsg-mehrbedarfszuschlag-nach-dem-sgb-ii