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Hartz IV und Gutscheinvergabe

Dienstag, März 10th, 2009

Immer wieder kommt es vor, dass Gutscheine anstatt Bargeld an Hartz IV Betroffene ausgegeben werden
Der Lebensmittelgutschein ist zwar aus Papier, wird aber letztlich dennoch in Form von Geld bei der ARGE verbucht. Geld, das zumal nach Lage der Dinge nicht der ARGE, nicht dem Sachbearbeiter, sondern einzig dem ALG II Betroffenen zustehen dürfte. Selbst wenn die Antragsbearbeitung (ALG II) im Nachhinein feststellen sollte, dass der Hartz IV Betroffene (wider Erwarten) nicht leistungsberechtigt ist, ändert das nichts an der Tatsache. Im Zweifel muss immer die unmittelbare Hilfe, der unmittelbaren Notlage gegenüber gestellt werden.

Ein Gutschein jedoch ist keine gute Hilfe, da er den Betroffenen punktuell entmündigt und ihn – trotz unverschuldeter Notlage – öffentlich stigmatisiert. Sofern der Sachbearbeiter behauptet, Bargeld sei nicht möglich, gilt es zu hinterfragen, warum dies so ist. Es ist der bequemere und auch effektivere Weg, Menschen zu entwürdigen und gefügig zu machen. Ist dies möglicher Weise der eigentlich beabsichtigte Grund?

Die Erfahrungen der KEAs im Rahmen zahlreicher Begleitungen von Betroffenen belegen, dass tatsächlich häufig ein solcher (Not-)Fall mit dem Gutschein erledigt werden soll. Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass es in aller Regel immer auch möglich ist, den Sachbearbeiter davon zu überzeugen, dass er sehr wohl Bargeld geben kann/ darf/muss und er dies letztlich auch tut.
Ein mieses Spiel, bei dem der Sachbearbeiter seine Würde in jedem Fall schneller verliert, als der betroffene Erwerbslose. (nau)

Rechtlich ist es bei der Ausgabe von Gutscheinen folgermaßen: Lebensmittelgutscheine dürfen nur nach den §§
23(2) und 31(3) SGB II ausgegeben werden. Also: Nur bei nachgewiesenem unwirtschaftlichen Verhalten und bei Sanktionen ab 30 Prozent. Sonst nicht!

Quelle: gegen-hartz.de – 07.03.2009 – aus Die Keas
Link zum Pressebericht: www .gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/gutschein760321.php

S 11 (9) AS 205/06 – Halber Mehrbedarf bei halber Erziehung

Freitag, März 6th, 2009

Halber Mehrbedarf bei Alleinerziehende mit Hartz IV Bezug bei halber Betreuungszeit. Der Senat des Bundessozialgerichtes in Kassel hat die Urteile des LSG und des SG aufgehoben. Die Vorinstanzen haben die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Entziehung auch des hälftigen Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu Unrecht abgewiesen.

Die Klägerin hat, obwohl sie sich in der Betreuung ihrer Tochter mit ihrem geschiedenen Ehemann abwechselt, Anspruch auf den hälftigen Mehrbedarf für Alleinerziehende mit ALG II Bezug. Der Mehrbedarf für Alleinerziehende ist ein zusätzlich zur Regelleistung gewährter Bestandteil des Arbeitslosengeldes II. Der Mehrbedarf wird unabhängig von der konkreten Höhe des Bedarfes in Form einer Pauschale gewährt. Das Gesetz geht insoweit von besonderen Lebensumständen aus, bei denen typischerweise ein erhöhter Bedarf vorliegt. Es regelt aber nicht ausdrücklich, wie hinsichtlich des Mehrbedarfs für Alleinerziehende zu verfahren ist, wenn sich die Eltern die elterliche Sorge – wie im vorliegenden Fall – faktisch teilen, indem sie sich in der Betreuung des Kindes in zeitlichen Intervallen (hier: wöchentlich) abwechseln.

Der erkennende Senat folgt in solchen Fällen nicht dem “Alles-oder-Nichts-Prinzip”. Denn rechtlich ist es weder angemessen, hilfebedürftigen Arbeitslosen den Mehrbedarf wegen Alleinerziehung gänzlich zu versagen, noch ist es sachgerecht, ihnen den vollen Mehrbedarf zuzubilligen. Vielmehr ist die einschlägige Vorschrift nach ihrem Zweck auszulegen: Wechseln sich geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassenden zeitlichen Intervallen ab, und teilen sie sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig, steht Hilfebedürftigen ein hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende zu. SG Detmold – S 11 (9) AS 205/06 – LSG Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 41/07B 4 AS 50/07 R

Quelle: gegen-hartz.de – 04.03.09
Link zum Pressebericht: www .gegen-hartz.de/urteile/alleinerziehende9328.html

Immer mehr Selbstständige sind auf Hartz IV angewiesen

Freitag, März 6th, 2009

Bundesweite Spitzenreiter sind Länder Sachsen und Berlin
Berlin (epd). Immer mehr Selbstständige sind in Deutschland auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Das geht aus einer dem epd vorliegenden Antwort der Bundesregierung an die Linksfraktion hervor. Während bei der Einführung von Hartz IV im Januar 2005 rund 34.000 Selbstständige zusätzlich Arbeitslosengeld II (ALG II) bezogen, waren es im September 2008 etwa 108.000 Personen. Die Zahl der selbstständigen Hartz-IV-Empfänger hat sich damit innerhalb von fast vier Jahren mehr als verdreifacht. Insgesamt beträgt der Anteil der Selbstständigen an den Hartz-IV-Empfängern 2,2 Prozent, Anfang 2005 waren es 0,8 Prozent.

Ostdeutschland ist von der Entwicklung überproportional stark betroffen. Den Angaben zufolge bezogen dort zuletzt knapp 52.000 Selbstständige Hartz IV. Dies sind 3,0 Prozent aller ALG-II-Empfänger im Osten und fast die Hälfte der Fälle in ganz Deutschland. In den alten Bundesländern gab es bis vergangenen September mit rund 56.000 beinahe ebenso viele Betroffene wie im Osten, jedoch machen sie dort nur einen Anteil von 1,8 Prozent der Hartz-IV-Empfänger aus.

Bundesweiter Spitzenreiter ist Sachsen. Dort ist der Anteil der Selbstständigen unter den Hartz-IV-Empfängern mit 3,8 Prozent am größten. Dies entspricht einer Zahl von 15.000 ALG-II-Beziehern. Es folgen Berlin mit einem Anteil von 3,2 Prozent sowie Thüringen und Brandenburg mit je 2,8 Prozent. In Westdeutschland sind Niedersachsen (2,2) sowie Bayern und Bremen (2,1 Prozent) Spitzenreiter. Allerdings belegt Berlin auch in absoluten Zahlen einen vorderen Platz. So liegt die Bundeshauptstadt mit etwa 14.400 selbstständigen Hartz-IV-Empfängern deutschlandweit an dritter Stelle. Die größte Zahl verbucht das Land Nordrhein-Westfalen mit fast 18.000 Selbstständigen, deren Einkommen vom Staat aufgestockt wird. Die sich daraus ergebende Quote von 1,5 Prozent ist aber zugleich die niedrigste bundesweit.

Die mittelstandspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, nannte die Zahlen schockierend und ein Armutszeugnis für die Existenzgründungspolitik der Koalition. Mit der Ich-AG und anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten seien Zehntausende Menschen in die Selbstständigkeit gedrängt worden, um die Arbeitslosenzahlen zu schönen. Viele dieser Menschen könnten nun nicht von ihrer Selbstständigkeit leben, bilanzierte Zimmermann.

Quelle: epd.de – 25.02.2009
Link zum Pressebericht: www .epd.de/ost/ost_index_62623.html