Archive for November 10th, 2010

Wie Hartz IV gezielt klein gerechnet wurde

Mittwoch, November 10th, 2010

Der Bundestag berät über die von der Bundesregierung geplanten Hartz-IV-Sätze. Die juristische Prüfung zeigt: Sie müssten viel höher sein. Ein Gastbeitrag

Das sind die Hartz-IV-Pläne der Regierung: Erwachsene sollen fünf Euro mehr erhalten, die Sätze für Kinder sollen nicht steigen. Mit ihrem Gesetzentwurf, der an diesem Freitag in erster Lesung im Bundestag beraten wird, will die Bundesregierung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) umsetzen. Doch aus juristischer Sicht spricht vieles dagegen, dass das verantwortliche Arbeits- und Sozialministerium richtig gerechnet hat.
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Seinem Urteil vom 9. Februar 2010 zufolge hält das BVerfG es grundsätzlich für zulässig, das sozialrechtliche Existenzminimum an den Konsumausgaben der ärmsten 20 Prozent der Haushalte zu messen. Der Gesetzgeber aber betrachtet nicht die untersten 20, sondern die untersten 15 Prozent. Das ist eine folgenschwere Weichenstellung, aus der alleine sich eine Absenkung des Regelsatzniveaus um mehr als 17 Euro gegenüber dem vorherigen Verfahren ergibt.

Ob das BVerfG dies mittragen wird? Die unumwundene Begründung der Regierung, die Berechnung auf der Grundlage von 20 Prozent sei zu teuer, ist kaum überzeugend.

Ohnehin stellt sich anlässlich der Vorgehensweise der Bundesregierung die Frage nach der Grenze einer solchen Politik: Darf der Gesetzgeber das Einkommen der Referenzgruppe beliebig nach unten drücken? Was spricht dagegen, dass er nach der nächsten Banken- oder Eurolandrettung nur die untersten zehn oder achteinhalb Prozent der Bevölkerung als Maßstab nimmt? Zudem muss bezweifelt werden, ob die angewandte Methode überhaupt einen objektiven Maßstab für die Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums in einer Gesellschaft darstellt, die durch eine Zunahme eines Niedriglohnbereichs gekennzeichnet ist.

Hinzu kommt, dass der Erwachsenen zustehende Hartz-IV-Satz allein anhand der Einkommen und Verbrauchsausgaben von Alleinstehenden ermittelt wird. Zwar hatte das BVerfG dies nicht beanstandet. Doch die Einkommen und Ausgaben von Alleinstehenden erlauben keine Rückschlüsse auf den Bedarf von Erwachsenen in Mehrpersonen-Haushalten.

Außerdem unternimmt die Regierung in ihrem Gesetzesentwurf keinen Versuch, die Gruppe der “verdeckt Armen” aus der Referenzgruppe auszuscheiden, obwohl das BVerfG dies von der Bundesregierung gefordert hatte. In Deutschland machen unterschiedlichen Schätzungen zufolge zwischen 2,5 und 4,9 Millionen Menschen ihre Ansprüche nach dem SGB II und XII nicht geltend. In der Referenzgruppe sind sie weiterhin enthalten. Weil sie ein besonders niedriges Einkommen haben, sinkt dadurch das Leistungsniveau der Grundsicherungsempfänger.

An weiteren Stellschrauben wurde gedreht, indem etliche durchschnittliche Verbrauchsausgaben als nicht regelsatzrelevant eingestuft wurden. Das schmälert den Hartz-IV-Satz zusätzlich erheblich.

Quelle: zeit.de – 29.10.2010 – Anne Lenze
Link zum Pressebericht: www .zeit.de/wirtschaft/2010-10/hartz-iv-juristische-kritik

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Studie- Flexible Arbeitszeit sorgt für Jobwunder, nicht Hartz IV

Mittwoch, November 10th, 2010

Berlin (Reuters) – Flexible Arbeitszeiten und Kurzarbeit haben einer Studie zufolge in den vergangenen Jahren 3,1 Millionen Jobs in Deutschland gerettet.

Das seien 7,7 Prozent aller Arbeitsverhältnisse, schrieben die Forscher des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in einer am Dienstag veröffentlichten Studie. Auch die Hoffnung der Firmen auf einen schnellen Ausweg aus der Wirtschaftskrise habe dazu beigetragen. Die Hartz-Reformen hätten dagegen nur einen geringen Beitrag zum “Beschäftigungswunder” geleistet.

“Die deutsche Wirtschaft verfügt über eine hohe interne Flexibilität, vor allem bei der Arbeitszeit”, sagte IMK-Direktor Gustav Horn. So könnten die Firmen die Arbeitszeiten an die Auftragslage anpassen. In der Krise profitierten sie daher von den gut gefüllten Arbeitszeitkonten. Hätten die Arbeitsmarkt-Deregulierungen wie Hartz IV eine Rolle in der Krise gespielt, wäre die Arbeitslosigkeit stark gestiegen, erklärten die Forscher.

Um die Wirtschaft nun in Schwung zu halten, sprechen sich die Experten für stärkere Einkommenssteigerungen für die Arbeitnehmer aus. Die Lohnerhöhungen müssten sich künftig wieder an der mittelfristigen Produktivitätsentwicklung orientieren, schrieben sie. Damit ergebe sich ein Spielraum von etwa 3,5 Prozent. Zudem sprachen sich die Experten für einen Mindestlohn aus. Auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte zuletzt kräftige Lohnerhöhungen gefordert und das mit dem robusten Aufschwung begründet. Arbeitgeberverbände lehnen das jedoch ab.

Quelle: reuters.com – 2. November 2010
Link zum Pressebericht: de.reuters.com/article/economicsNews/idDEBEE6A10B420101102

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B 14 AS 23/10 R – Auch in Deutschland zwecks Arbeitssuche wohnender Franzose hat Anspruch darauf

Mittwoch, November 10th, 2010

Ein Franzose hat selbst dann Anspruch auf Arbeitslosengeld II, wenn sich sein Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Denn in Deutschland lebende arbeitslose Ausländer seien nicht vom Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen, wenn sie sich auf das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) berufen könnten, so das Bundessozialgericht (BSG). Dies sei bei französischen Staatsangehörigen der Fall, da sowohl Deutschland als auch Frankreich das Abkommen unterzeichnet hätten.

Rechtlicher Hintergrund: Nach dem EFA sind die Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und der Gesundheitsfürsorge zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.

Laut BSG handelt es sich bei dieser Vorschrift um unmittelbar geltendes Bundesrecht. Seiner Anwendbarkeit stehe weder vorrangig anzuwendendes anderes Bundesrecht noch Gemeinschaftsrecht entgegen. Die Voraussetzungen des Gleichbehandlungsgebots nach dem EFA lägen auch insoweit vor, als es sich beim Arbeitslosengeld II um Fürsorge im Sinne des EFA handele. Nicht entscheidend ist nach Ansicht des BSG, dass die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Europarat nach wie vor nur das zum 31.12.2004 außer Kraft getretene Bundessozialhilfegesetz als unter den Geltungsbereich des Abkommens fallendes Fürsorgegesetz gemeldet hat.

Bundessozialgericht, Entscheidung vom 19.10.2010, B 14 AS 23/10 R

Quelle: anwalt.de – 21.10.2010
Link zum Pressebericht: www .anwalt.de/rechtstipps/arbeitslosengeld-ii-auch-in-deutschland-zwecks-arbeitssuche-wohnender-franzose-hat-anspruch-darauf_014319.html

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