Zulage zum Arbeitslosengeld II – Der kleinste Nenner

BERLIN/MZ. Während sich die Spitzen der Koalitionsparteien am Sonntagnachmittag noch durch den Regen und die Absperrungen des Berlin-Marathons zum Kanzleramt bewegen, macht das wichtigste Ergebnis ihrer Beratungen schon die Runde: Fünf Euro Erhöhung und keinen Cent mehr für die knapp fünf Millionen erwachsenen Hartz-IV-Empfänger. So lautet der Vorschlag der Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), und so wird es dann auch beschlossen.

Schnelle Runde

Um kurz nach halb drei ist die Runde mit diesem Thema durch. Die Unionsseite hatte ohnehin von vornherein eine Frist gesetzt: Für 17 Uhr waren ihre Präsidien zu einer gemeinsamen Sitzung in Berlin einberufen. Man hatte also maximal viereinhalb Stunden Zeit. Der straffe Ablauf passt zu dem neuen Bild, das die Koalition von sich zeichnen möchte: sachorientiert und entscheidungsstark. Ganz gelungen ist es freilich nicht. Über die von der FDP gewünschte Ausweitung der Zuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger konnten sich die Koalitionäre nicht einigen. Hier muss nun eine Arbeitsgruppe bis spätestens zum 16. Oktober eine Lösung erarbeiten. An diesem Tag will sich die schwarz-gelbe Koalitionsspitze erneut mit dem Thema befassen, bevor das Kabinett am 20. Oktober den ganzen Komplex verabschiedet.

Fünf Euro, das passt auch gerade noch ins Maß des CSU-Chefs Horst Seehofer, der verkündet hatte, am liebsten würde er die Arbeitslosenhilfe gar nicht anheben. “Der Sozialstaat darf nicht aus dem Ruder laufen, er muss bezahlbar bleiben”, sagte er. Der Vorstoß Seehofers entlastete zugleich den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle und die gemeinsame Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Denn schließlich hatte Westerwelle die politischen Debatten des Jahres über Hartz IV mit seinen Bemerkungen über leistungsloses Einkommen und spätrömische Dekadenz eingeleitet. Er konnte einer großzügigen Erhöhung dieses weitgehend leistungslosen Einkommens also schon aus Gründen der Achtung vor seiner früheren Argumentation gar nicht zustimmen. Deshalb stand Merkel im Verdacht, unter dem Druck ihres Koalitionspartners zu handeln.

Genauso stellt es der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel gleichwohl dar. Ihm wird die Nachricht aus dem Kanzleramt während seiner Rede vor dem SPD-Parteitag in Berlin zugesteckt, und flugs baut er sie in seine Attacken auf die Koalition ein: Westerwelle zum Jahresanfang habe eine schamlose Debatte über Hartz-IV-Empfänger geführt und könne nun einer deutlichen Erhöhung im Kabinett nicht zustimmen. “Und Merkel macht dieses schäbige Spiel mit.”

Merkel wehrt sich

Jene selbst sieht das natürlich völlig anders: “Wir haben eine Lösung gefunden, die sachgerecht ist”, sagt sie. “Wir sind hier einen sehr, sehr großen Schritt gegangen.” Das Hauptaugenmerk liege nun darauf, “die Dauer von Hartz IV so kurz wie möglich zu halten”. Ziel sei, Anreize für Arbeit zu schaffen.

Die Koalition hatte sich seit Tagen bemüht, die Erwartungen an eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze herunter zu moderieren. Erst weniger als 20 Euro, dann bestenfalls zehn, und nun die beschlossenen fünf Euro. Immerhin setzt von der Leyen durch, dass die Kindersätze erst einmal nicht gesenkt werden. Der Aufschrei in der Öffentlichkeit wäre für die Koalition wohl doch zu laut geworden.

Quelle: mz-web.de – 26.09.10 – VON HOLGER SCHMALE
Link zum Pressebericht: www .mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1277474084661

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