Archive for the ‘Sozialämter News’ Category

“Ich würde den Kindern so gerne fremde Länder zeigen”

Mittwoch, Oktober 20th, 2010

Die Regierung will das Arbeitslosengeld II um fünf Euro erhöhen, aber wie lebt es sich mit der staatlichen Hilfe wirklich? Jaqueline Schade und ihre drei Töchter haben sich in ihrer Hartz-IV-Welt eingerichtet – mit Essen aus Polen, vielen unerfüllten Träumen und blauen Flecken. Ein Besuch in der Realität.

Berlin – Dass die Schades arm sind, sieht man nicht sofort. Ihre Wohnung in Reinickendorf ist klein, aber ordentlich. Die Wände sind in freundlichen Rottönen gestrichen, auch um die Wasserflecken zu kaschieren. Über dem abgewetzten Sofa liegt eine Decke, der kaputte Wäschetrockner, der als Fernsehtisch dient, ist von einer Holzplatte verdeckt. Auf dem Fensterbrett stehen Zierpflanzen – ein Luxus, den die schwarz-gelbe Regierung Arbeitslosen künftig nicht mehr zahlen will. Genau wie die zwei Hunde, die im Wohnzimmer herumtollen. “Dabei sind Tiere für das soziale Verhalten von Kindern so wichtig”, sagt Jaqueline Schade.

Wie 6,8 Millionen andere Menschen in Deutschland lebt die 48-Jährige von Hartz IV. In ihrem Fall heißt das monatlich 438 Euro vom Arbeitsamt, 558 Euro Kindergeld und 456 Euro Krankengeld. Seit Jaqueline Schade operiert wurde, sind ihre Gelenke taub. Früher hat sie als Näherin gearbeitet, als Zimmermädchen, zuletzt hat sie Regale im Supermarkt eingeräumt. Doch so ein Job ist mit der kaputten Schulter nicht mehr drin. Genau wie die neue Brille, die ihre Tochter Nadine, 14, so dringend braucht. Oder die Wohnung, auf die Michèle, 19, wartet. Cheyenne, mit ihren elf Jahren die jüngste, denkt praktisch. Bereits mit vier hatte das kleine blonde Mädchen an Weihnachten nur einen Wunsch: genug Glühbirnen.

Während Politiker über die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze streiten, hat sich Familie Schade in ihrer Hartz-IV-Welt eingerichtet. Die nun beschlossenen fünf Euro Zuschlag im Monat entlocken der Mutter nur ein müdes Lächeln. Seit Jahren bezieht die Familie Geld vom Staat. 600 Euro kostet die Wohnung, 900 bleiben zum Überleben, das nur mit allerlei Tricks funktioniert. In der Gefriertruhe, die Jaqueline Schade gegen selbstgemachten Likör eingetauscht hat, stapelt sich das Essen. Einmal im Monat fährt sie mit Bekannten nach Polen zum Einkaufen. Käse, Cornflakes oder Fisch für die Kinder könnte sie sich sonst nicht leisten. Pilze sucht sie im Wald, Marmelade macht sie selbst. “Ich versuche möglich zu machen, was möglich ist”, sagt sie.

Im Mai fängt sie an, Geschenke für Weihnachten zu sammeln, damit am Ende des Jahres etwas unter dem Baum liegt. Besonders knapp ist das Geld jetzt im Herbst, wenn die Kinder wieder neue Winterklamotten brauchen. Die Mutter kauft oft schwarze Stiefel und einen Edding dazu, damit die Schuhe länger neu aussehen. Aber manchmal helfen auch solche Tricks nicht weiter: Dann kommen ihre Töchter trotzdem mit blauen Flecken nach Hause. “Ich wurde in der Schule oft ausgelacht und verprügelt, weil ich die falschen Klamotten hatte”, sagt Michèle. “Oder weil ich zu einem Ausflug nicht mitdurfte. Ich habe dann erzählt, ich hätte etwas angestellt, um nicht zugeben zu müssen, dass uns das Geld fehlt.”

“Ich gehe nicht weg, ich trinke nicht, ich kaufe mir nichts”

Das zierliche Mädchen mit den wasserstoffblonden Haaren ist froh, dass sie nun die Mittlere Reife hat. Ihre Zukunft sieht sie dennoch pessimistisch: Seit zwei Jahren sucht sie nach einer Lehrstelle. Vergeblich. Das bisschen, das sie beim Kellnern verdient, wird der Mutter vom Arbeitslosengeld abgezogen. Michèle würde gerne aus den beengten Verhältnissen zu Hause ausziehen. Mit ihren 19 Jahren übernachtet sie immer noch auf dem Sofa im Wohnzimmer.

Schwester Nadine teilt sich mit der kleinen Cheyenne das Kinderzimmer, in das kaum mehr als ein Bett passt. Ihre Nachmittage verbringt die 14-Jährige in der Arche. In dem Kinderwerk ist das Essen umsonst. Und manchmal gibt es einen Ball oder ein Kuscheltier geschenkt. Dass Arbeitsministerin von der Leyen nun Bildungsgutscheine austeilen will, macht Mutter Jaqueline wütend. “Warum muss ich beim Jobcenter für meine Kinder um Gutscheine betteln”, sagt sie. “Wenn ich meinen Töchtern wirklich etwas bieten möchte, muss ich eh bei mir selbst sparen.” Sie zeigt auf ihren alten Pullover.

Jaqueline Schades großer Traum ist Ägypten. Überall in der Wohnung hängen Bilder von Kleopatra und Pyramiden. “Ich würde den Kindern so gerne fremde Länder zeigen.” Doch den Flug kann sie sich nie und nimmer leisten. Sie ist fasziniert davon, was die Menschen in Ägypten alles geleistet haben. Vielleicht weil sie selbst so viel leisten muss, um ihre Familie durchzubringen. Ihr Ex-Mann zahlt den Kindern nur fünf Euro Taschengeld. Mehr hat er nicht, er lebt selbst von Hartz IV.

Jaqueline Schade zündet sich eine Zigarette an. Streng genommen steht ihr die nicht mehr zu, das Geld für Tabak hat die Regierung den Arbeitslosen gerade gestrichen. “Ich möchte mal sehen, was die Politiker sagen, wenn ich ihnen vorschreibe, wie sie ihr Geld ausgeben”, sagt Schade trotzig. “Ich bin ein selbstständiger Mensch, aber ich muss mich entmündigen lassen.”

Sie hat sich jetzt in Rage geredet. Wütend nimmt sie noch eine Zigarette. “Ich gehe nicht weg, ich trinke nicht, ich kaufe mir nichts. Wenigstens ein Laster möchte ich doch bitte auch haben dürfen.”

Quelle: spiegel.de – 28.09.2010 – Von Anna Fischhaber
Link zum Pressbericht: www .spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,719892,00.html

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Regierung will privat versicherte Alg-II-Bezieher entlasten

Mittwoch, Oktober 20th, 2010

Die Bundesregierung will die Gesetzeslage ändern, nach der privat krankenversicherte Hartz-IV-Empfänger mehr als die Hälfte des Alg-II-Regelsatzes für ihre Krankenversicherung aufwenden müssen, ohne dass sie dafür einen Zuschuss erhalten oder in eine gesetzliche Krankenkasse wechseln können. Das steht in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linken vom 24. Juni, die jetzt veröffentlicht wurde.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hält diese Regelung schlicht für verfassungswidrig: Privat Krankenversicherte, die in Hartz IV abrutschen, dürfen nicht in die gesetzliche Krankenversicherung zurück, bekommen aber von der Arbeitsagentur nur soviel Zuschuss zu ihren Versicherungsprämien, wie eine gesetzliche Krankenversicherung kosten würde. Konkret müssen sie derzeit 183,09 € im Monat aus eigener Tasche für ihre Krankenversicherung aufbringen – das ist mehr als die Hälfte der Grundsicherung, die sie von der Arbeitsagentur bekommen. Nachdem ein Gesetzentwurf der Linken, der dieses Ärgernis ändern sollte, bereits in der letzten Legislaturperiode von den vier übrigen Bundestagsfraktionen abgelehnt worden war, hat nun die Bundesregierung eine schnelle Änderung angekündigt.

In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken erklärt die Bundesregierung, sie sehe hier “Handlungsbedarf”. Es würden bereits Gespräche “sowohl auf Fachebene als auch auf politischer Ebene” geführt, um “so zügig wie möglich” einen “konsensfähigen Lösungsvorschlag” zu entwickeln, heißt es in der Drucksache. Grundsätzlich sieht die Regierung hierfür drei Möglichkeiten, nämlich

* den Beitrag von Alg-II-Beziehern zur privaten Krankenversicherung auf den Beitrag zu begrenzen, den die Arbeitsagentur auch für gesetzlich Krankenversicherte zahlt,
* den Betroffenen wieder den Weg in die gesetzliche Krankenversicherung zu öffnen oder
* die Arbeitsagenturen zur Übernahme der vollen Versicherungsprämie zu verpflichten.

Welche dieser Möglichkeiten sie bevorzugt, darüber machte die Regierung keine Aussage. Allerdings forderte sie die privaten Krankenversicherer auf, bis zu einer gesetzlichen Neuregelung “auf die Durchsetzung von Forderungen zu verzichten”. Nach ihren Angaben beziehen derzeit mehr als 25.000 privat Krankenversicherte Arbeitslosengeld II – Ende 2008 waren es noch weniger als 10.000.

Quelle: mediafon.net – 07.07.2010
Link zum Pressebericht: www .mediafon.net/meldung_volltext.php3?id=4c34b27c0e910&akt=news_versicherungen&view=&si=4c34b479b7995&lang=1

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Junge Arbeitslose mit wenig Hoffnung

Mittwoch, Oktober 20th, 2010

Düsseldorf. Vor solchen Angestellten graut es Arbeitgebern: Sie können sich nicht konzentrieren, kommen zu spät, werfen die Brocken schnell hin. Die Zukunftswerkstatt aber hat zu wenig Zeit, solche Langzeitarbeitslose auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten.

Sie sind seit vier Jahren arbeitslos, haben keinen Schulabschluss, sie können sich nicht richtig konzentrieren, kommen meist zu spät oder haben eine „niedrige Frustrationstoleranz“ – heißt: Sie werfen die Brocken schnell hin oder rasten aus bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz. Dennoch versuchen die Pädagogen der Zukunftswerkstatt (ZWD), jungen Erwachsenen oder älteren Langzeit-Arbeitslosen eine Zukunft in einem Job zu ermöglichen. Das wird aber immer schwerer, macht der jetzt vorliegende Jahresbericht 2009 der städtischen Tochtergesellschaft deutlich.

Hartz IV trotz Job
Zum einen reichen die inzwischen auf sechs Monate verkürzten Förderungen nicht aus, um die von der Arge geschickten Kunden der ZWD auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Und selbst für einfache Jobs steigen die Anforderungen, sagt ZWD-Chefin Claudia Diederich.

Der Bericht nennt Beispiele: Teilzeitstellen im Handel für gering Qualifizierte werden zwar angeboten – aber damit gelingt keineswegs der Ausstieg aus dem Arbeitslosengeld II : Der geringe Lohn reicht nicht aus, so dass viele „Aufstocker“ sind – also zusätzlich Hartz IV erhalten müssen, damit sie Miete und Strom zahlen können. Zudem werden Helferstellen laut Bericht zu 90 Prozent über Zeitarbeitsfirmen vermittelt – ohne langfristige Perspektive.

Selbst bei jenen, die hoch motiviert in Kurse starten, scheitert die Vermittlung oft an obskuren Bestimmungen: Auch für Helfer verlangen Gartenbaubetriebe und Gärtnereien meist einen Führerschein. Eine Fahrschule kann von der Arbeitsagentur gefördert werden. Allerdings nur dann, wenn der Arbeitgeber schriftlich eine Stelle zusagt. Wozu der nicht bereit ist, so lange kein Führerschein vorliegt …
124 von 1506 Teilnehmer vermittelt

Bei der Beratung für Bewerbungen waren vor zwei Jahren nur drei bis fünf Termine nötig – heute sind zehn bis 13 Termine nötig, um mit Erfolg einen Job zu ergattern. Immerhin: Auch im Krisenjahr 2009 konnten 124 Frauen und Männer aus Arbeitsgelegenheiten heraus in einen Job vermittelt werden.

Bei der Werkstatt werden Jugendliche auf eine geregelte Arbeit vorbereitet, oder Frauen nach der Kinderzeit für einen Wiedereinstieg in den Beruf qualifiziert. Die Fahrradstation am Hauptbahnhof ist eines der bekanntesten Projekte der ZWD, ebenso die Gesellschaft für Haushaltshilfen, die „Casa Blanka“. Beim Projekt „Kenne“ in Kooperation mit der Renatec-Gesellschaft werden allein erziehende Frauen qualifiziert, finanziell unterstützt unter anderem vom Europäischen Sozialfonds.

1506 Männer und Frauen kamen voriges Jahr zur ZWD. Fast alle Teilnehmer (98,7 %) bei der ZWD bezogen zuvor Arbeitslosengeld II (Hartz IV), waren also mindestens länger als ein Jahr arbeitslos.

Quelle: derwesten.de – 12.07.2010 – Jo Achim Geschke
Link zum Pressebericht: www .derwesten.de/staedte/duesseldorf/Junge-Arbeitslose-mit-wenig-Hoffnung-id3379077.html

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