“Lebensentwurf Hartz IV nicht vererben”

Bayern startet ein Förderprojekt für Familien, in denen Mutter und Vater jahrelang ohne Job sind. Ziel ist es, den Kindern das Modell ihrer Eltern als Vorbild auszureden. Die Inititiative bildet den Auftakt für eine umfassende Hartz-IV-Reform.
Bayerns CSU-Sozialministerin Christine Haderthauer will mit öffentlicher Arbeit und Intensivbetreuung Langzeitarbeitslosen mit Kindern bei der Rückkehr in einen geregelten Alltag helfen. “Wir dürfen nicht zusehen, wenn Eltern den Lebensentwurf Hartz IV in die nächste Generation tragen, quasi vererben”, sagte die Ministerin der FTD. “Mit den bisherigen Maßnahmen kommen wir an diese Härtefälle nicht ran”, so die CSU-Politikerin. “Es reicht manchmal eben einfach nicht, jedem eine Arbeitsstelle zuzuweisen und dann zu hoffen, dass es klappt. In einigen Fällen müssen wir die gesamte Lebenssituation in den Blick nehmen. Bei Langzeitarbeitslosen mit Kindern brauchen wir einen besseren, einen ganzheitlichen Ansatz.”

Bayern startet in dieser Woche einen Modellversuch in Nürnberg und Fürth, wo der Anteil der Langzeitarbeitslosen besonders hoch ist. Rund 2200 Familien in der Region sollen drei Jahre intensiv gefördert werden. Das Angebot richtet sich an Paare mit Kindern und Alleinerziehende, die von Hartz IV leben. Zwei bis drei Betreuer kümmern sich um je eine Familie. Das Projekt kostet knapp 19 Mio. Euro, davon zahlt der Freistaat gut die Hälfte. Die beiden Städte und die Arbeitsagentur zahlen den üblichen Anteil für die Eingliederung Arbeitsloser. “Das Projekt kostet viel Geld und erfordert intensiven Einsatz – aber ich glaube, es verspricht Erfolg.”
Mit dem Projekt testet Bayern, wie sich Sachleistungen bewähren, und liefert so einen Vorgeschmack auf die Hartz-IV-Reform des Bundes, die im Herbst ansteht. “Den Kindern machen wir besondere Angebote, einen Sprachkurs, Hausaufgabenunterstützung oder den Fußballverein. Damit erproben wir schon mal, wie es sich auswirkt, für die Kinder in Hartz IV stärker Sachleistungen anzubieten”, sagte Haderthauer. Im Unterschied zur normalen Jobvermittlung mischen sich die Betreuer stark in den Alltag der Familien ein: “Wir helfen, wenn es ein Suchtproblem gibt, schicken, wenn nötig, die Schuldnerberatung”, sagte die Ministerin. “Es gibt viele Gründe, weshalb Langzeitarbeitslose einen Job nicht antreten oder wieder schmeißen.”

Die Eltern bekommen eine berufliche Qualifizierung und ein öffentliches Beschäftigungsangebot. Außerdem werden sie bei der Alltagsbewältigung unterstützt, bekommen etwa Hilfe beim Kochen, im Umgang mit Haushaltsmitteln und dabei, den Tagesablauf zu strukturieren. Vielen falle es schon schwer, morgens aufzustehen, so die Sozialministerin. Es könne nicht sein, dass in einer Familie das Schulkind die einzige Person sei, die aufsteht. Außerdem wird den Betroffenen bei der Erziehung und der Suche nach einem Betreuungsplatz unter die Arme gegriffen.
Weil das Bundesverfassungsgericht die Berechnung der Hartz-IV-Sätze im Frühjahr für verfassungswidrig erklärt hatte, berechnet die Regierung sie derzeit neu. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) favorisiert dabei für Kinder gezielte Sachleistungen statt höherer Geldbeträge. “Selbst wenn die Eltern vielleicht irgendwann wieder in die Arbeitslosigkeit fallen, dann retten wir vielleicht die Kinder über unsere Maßnahmen “, begründet Haderthauer das Projekt.

Kommunen sollen Schwerpunkt ändern
Christine Haderthauer fordert Kommunen auf, ihr Gejammer über klamme Kassen einzustellen und den Kitaausbau voranzutreiben. “Mit der Einstellung: Wir hören jetzt auf, wenn ihr nicht mehr drauflegt, kommen wir nicht weiter. Es ist nicht fair, Bund und Land den schwarzen Peter zuzuschieben. Beide haben sehr viel Geld zugeschossen.” Nach ihrer Ansicht müssen die Kommunen andere Schwerpunkte in ihren Haushalten setzen. “Heute ist es nicht mehr der Kreisverkehr, sondern die Kinderbetreuung, die den Standortvorteil ausmacht.” Viele Bürgermeister hätten die gestiegene Bedeutung der Betreuung noch nicht realisiert.

Quelle: ftd.de – 27.07.2010 – von Monika Dunkel
Link zum Pressebericht: www .ftd.de/politik/deutschland/:hilfe-fuer-langzeitarbeitslose-lebensentwurf-hartz-iv-nicht-vererben/50149266.html

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