Archive for September 22nd, 2010

VIII ZR 6/04 – Zwei Monate Mietrückstand reichen für die Kündigung

Mittwoch, September 22nd, 2010

Sozialamt kann helfen, die Wohnung zu retten
Berlin (dapd). Mieter, die in Geldnot geraten, sollten trotzdem immer zuerst Miete und Energiekosten bezahlen. Sonst drohen die Kündigung der Wohnung und die Sperrung der Stromzufuhr. Darauf weist die Bundesarbeitsgemeinschaft für Schuldnerberatung (BAG-SB) hin. Schon zwei nicht oder nur unvollständig überwiesene Wohnungsmieten nacheinander geben dem Vermieter das Recht zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages. Wenn abzusehen ist, dass sie das Geld nicht aufbringen können, sollten Mieter nicht abwarten, sondern umgehend beim Sozialamt die Übernahme der Mietschulden beantragen. Sie kann als einmalige Beihilfe oder als Darlehen gewährt werden.

Die fristlose Kündigung der Wohnung droht auch, wenn der Mieter über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten mit zwei Mietzahlungen in Verzug ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn er über längere Zeit nicht die volle Miete zahlt. Sobald die ausstehende Summe zwei Monatsmieten übersteigt, darf ihm gekündigt werden. Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und begründet sein, informiert der Deutsche Mieterbund (DMB).

Allerdings muss der Vermieter bei unvollständigen Zahlungen in seinem Kündigungsschreiben nicht alle Posten einzeln aufführen. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes reicht es aus, wenn der Zahlungsverzug als Grund genannt und der Gesamtbetrag der rückständigen Miete beziffert wird (AZ: III ZR 96/09)

Laut DMB zählen zur Miete immer die Grundmiete zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen oder Nebenkostenpauschale. Dagegen zählen Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen oder Ersatzansprüche des Vermieters nicht mit, wenn es um die Feststellung eines Mietrückstandes geht. Kein Zahlungsverzug wird ausgelöst, wenn der Mieter von seinem gesetzlich verankerten Recht zur Mietminderung Gebrauch macht und die Miete wegen Wohnungsmängeln nicht vollständig zahlt. Das Gleiche gilt, wenn der Mieter seine Zustimmung zu einer Mieterhöhung verweigert hat und die vom Vermieter errechnete neue Vergleichsmiete nicht vollständig zahlt.

Ist die Kündigung wegen Zahlungsverzugs berechtigt, kann der Mieter den Verlust seiner Wohnung noch abwenden, wenn er die ausstehende Summe vollständig begleicht. Oft reicht auch schon ein Schreiben vom Sozialamt, dass die Mietrückstände übernommen werden, um den Vermieter umzustimmen.

Wird die Kündigung in dieser Phase nicht verhindert, muss der Mieter wohl oder übel die Wohnung verlassen. Der Vermieter kann sogar noch Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend machen, die ihm durch die fristlose Kündigung entstanden. Das können zum Beispiel entgangene Mieteinnahmen oder Aufwendungen für die Suche nach einem neuen Mieter sein.

Wenn der Mieter trotz Kündigung nicht auszieht, darf der Vermieter ihn aber nicht einfach auf die Straße setzen. Er muss eine Räumungsklage einreichen, um ihn loszuwerden. Das ist die allerletzte Chance für den Mieter, die Wohnung doch noch zu behalten. Denn wenn er spätestens zwei Monate nach Zustellung der Klage doch noch zahlt, wird die Kündigung unwirksam, so der Deutsche Mieterbund. Allerdings kann sich der Mieter auf diese Weise nur einmal in zwei Jahren retten und muss den Mietrückstand bis auf den letzten Cent begleichen.

Schlecht stehen die Chancen für den Mieter, wenn ihm der Vermieter gleichzeitig mit der fristlosen eine fristgerechte Kündigung wegen erheblicher Verletzung vertraglicher Pflichten schickt. Ständige unpünktliche Mietzahlungen berechtigen den Vermieter nämlich, fristgerecht zu kündigen. Voraussetzung ist, dass der Mieter wiederholt den gesetzlich vorgegebenen beziehungsweise vertraglich vereinbarten Fälligkeitstermin überschritten hat, auch nach einer Abmahnung des Vermieters weiterhin unregelmäßig zahlt und dem Vermieter die Fortsetzung des Mietvertrages unzumutbar ist. Flattert solch ein Kündigungsschreiben ins Haus, hilft die Nachzahlung der offenen Mietzahlungen nicht mehr, urteilte der BGH (AZ: VIII ZR 6/04).

Quelle: boulevard-baden.de – 17.09.2010 – Von Katja Fischer – dapd.djn/kaf/mwo
Link zum Pressebericht: www .boulevard-baden.de/ueberregionales/wirtschaft/2010/09/17/zwei-monate-mietruckstand-reichen-fur-die-kundigung-sozialamt-kann-helfen-die-wohnung-zu-retten-von-katja-fischer-253658

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XII ZR 148/09 – Kinder zahlen für ihre Eltern

Mittwoch, September 22nd, 2010

Sohn muss Geld für Pflegeheim seiner Mutter erstatten, obwohl sie ihn früher bloß schlecht versorgt hatte

Karlsruhe – Kinder müssen für ihre pflegebedürftigen Eltern auch dann aufkommen, wenn sie sich mit ihnen überworfen und seit Jahren keinen Kontakt haben. Auch bei einem zerrütteten Verhältnis zu den Eltern müssten sich die Kinder an den Kosten für das Pflegeheim beteiligen, hieß es in der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Die Sozialämter müssten die Kosten für das Heim nicht alleine übernehmen.

Die Richter gaben damit dem Sozialamt Bottrop recht, das von einem 49-jährigen Mann 701 Euro monatliche Kostenbeteiligung für das Pflegeheim seiner schizophrenen Mutter gefordert hatte.

Der Mann war schon in Kindertagen nur lückenhaft von seiner Mutter versorgt worden. Die an Wahnideen leidende, 1935 geborene Frau musste mehrmals längerfristig in Krankenhäuser. Außerdem litt sie an Antriebsschwäche. Der Vater ließ sich 1973 von seiner kranken Frau scheiden, wenige Jahre später brach auch der Kontakt zum Sohn ab. Seit 37 Jahren sieht er seine Mutter so gut wie nicht mehr. Vor mehr als fünf Jahren, im April 2005, kam sie in ein Pflegeheim. Rente und Grundsicherung der 75-jährigen Seniorin decken die Kosten nicht, die Sozialhilfe muss zuzahlen.

Nun will die öffentliche Hand Unterhalt vom Sohn – und den muss er nach dem BGH-Urteil vom Mittwoch auch bezahlen. Er wollte sich dagegen wehren und verwies darauf, dass ihn seine Mutter als Kind nie gut behandelt hatte. Aber das Oberlandesgericht (OLG) in Hamm hatte ihn zur Zahlung verpflichtet. Dieses Urteil wurde jetzt in letzter Instanz vom BGH bestätigt.

Die Unterhaltspflicht zwischen Eltern und Kindern ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Dort, im Paragraf 1611, stehen auch die Ausnahmen. Danach entfallen Unterhaltszahlungen nur, wenn ein Bedürftiger früher seine eigenen Unterhaltspflichten „vorsätzlich vernachlässigt oder sich vorsätzlich schweren Verfehlungen (…) schuldig gemacht hat“. Typische Beispiele sind hier Väter, die weder Kontakt zu ihrem Kind aufnahmen und Unterhalt entweder gar nicht oder unregelmäßig bezahlten. Dass ihre Kinder später für sie aufkommen sollen, nennt das Gesetz „unbillig“. Je nach Härtegrad des früheren elterlichen Fehlverhaltens können die Zahlungen des Abkömmlings gesenkt werden oder ganz wegfallen.

Nur bei Vorsatz
Die Betonung im Gesetz liegt aber auf „vorsätzlichen Verfehlungen“. Und diese sah der BGH, wie schon zuvor das OLG Hamm, im Falle der schizophrenen Mutter nicht. Sie hatte ihr Kind krankheitsbedingt nicht versorgt, beziehungsweise nicht versorgen können. Die Schizophrenie der Mutter stelle aber keine Verfehlung dar, sondern sei schicksalhaft.

Dass der Familiensenat des BGH hier Abkömmlinge über Gebühr strapaziere, die durch einen kranken Elternteil sowieso schon viel erleiden mussten, wäre jedoch zu kurz gegriffen. Vor drei Monaten entschied derselbe BGH-Senat, dass Eltern eines erwachsenen behinderten Kindes Unterhalt für den im Heim lebenden Jungen bezahlen müssen. Die Eltern wollten geltend machen, dass ihr Sohn dreimal gewaltsam in ihr Haus eingestiegen sei, um sich persönliche Sachen zu holen. Diese Verfehlung stuften die Richter als nicht sehr gravierend ein, jedenfalls nicht als so hoch, dass damit Unterhaltszahlungen von weniger als 50 Euro pro Monat entfallen könnten.

Übrigens können Eltern auch Jugendsünden nicht zum Anlass nehmen, um einem volljährigen Kind den Unterhalt wegen Unbilligkeit zu versagen. Verfehlungen vor dem 18. Lebensjahr werden von der Rechtsprechung in der Regel verziehen.

Aktenzeichen: Bundesgerichtshof XII ZR 148/09

Quelle: fr-online.de – 15.09.2010 – Ursula Knapp
Link zum Pressebericht: www .fr-online.de/politik/kinder-zahlen-fuer-ihre-eltern/-/1472596/4647718/-/index.html

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