Hartz IV wird runderneuert

Kabinett beschließt überarbeiteten Regelsatz und Bildungspaket – Erhöhung zum 1. Juli entfällt

Berlin – Das Bundeskabinett hat die umstrittene Hartz-IV-Reform auf den Weg gebracht. Der Regelsatz für die rund 4,7 Millionen erwachsenen Hartz-IV-Bezieher soll danach zum 1. Januar 2011 um fünf Euro auf 364 Euro steigen. Auf eine erneute Erhöhung im nächsten Jahr können die Empfänger von Arbeitslosengeld II aber nicht hoffen. Das Kabinett beschloss, den bisher üblichen Termin für die jährliche Anpassung des Regelsatzes generell vom 1. Juli auf den 1. Januar eines jeden Jahres zu verschieben.

Die Regelsätze für die Kinder werden nicht angehoben. Für die rund 1,7 Millionen Kinder und Jugendlichen in Hartz-IV-Familien gibt es aber ein Bildungspaket mit Zuschüssen zum Schulessen, für Nachhilfe sowie zur Teilhabe etwa am Vereinsleben. Dies soll auch für etwa 300 000 Kinder gelten, deren Eltern kein Hartz IV beziehen, aber den Kinderzuschlag für Geringverdiener erhalten. Zudem werden die Zuverdienstgrenzen für einen Teil der erwerbstätigen Hartz-IV-Bezieher leicht angehoben. Sie können dann bis zu 20 Euro mehr im Monat von ihrem Verdienst behalten. Den Bund kosten Bildungspaket und Regelsatzerhöhung mehr als eine Milliarde Euro im Jahr.

Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte an, parallel zum Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens Vertreter der Regierungs- und Oppositionsfraktionen sowie der Länder einzuladen, “um auf dem Weg zum Bundesratsbeschluss Gemeinsamkeiten und Lösungswege auszuloten”. Auf diese Art und Weise hatte von der Leyen auch einen Konsens zwischen Regierung, Opposition und Ländern über die Reform der Jobcenter erzielt. Ein Gespräch soll es erst nach der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag geben. Die Kritiker müssten nun eigene Vorschläge machen, forderte die Ministerin.

Die schwarz-gelbe Koalition hat im Bundesrat keine Mehrheit mehr. Angesichts des Widerstands der Opposition ist unklar, ob das Gesetz wie geplant am 17. Dezember im Bundesrat verabschiedet werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar eine Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes und die Berücksichtigung der Bildungskosten von Kindern bis zum Jahreswechsel gefordert. Das Verfassungsgericht habe mit seinem engen Zeitplan zur Umsetzung der Reform die gesamte Politik in die Verantwortung genommen, sagte von der Leyen. Sie appellierte an die Opposition, das Gesetz “gemeinsam voranzubringen”.

Ungeachtet des Appells der Ministerin, die Reform nicht zu blockieren, stellte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel umgehend quer: Die SPD werde die vorgelegten Pläne in Bundesrat und Bundestag ablehnen. Die Arbeitsministerin packe “kleine Bildungspäckchen für Hartz-IV-Kinder und schafft noch mehr Armutslöhne statt anständiger Jobs”, kritisierte Gabriel. “Das machen wir nicht mit.” SPD-Vizechefin Manuela Schwesig wertete es als Erfolg der Sozialdemokraten, dass nun auch ein Teil der Kinder von Geringverdienern von dem Bildungspaket profitieren soll. Dies reiche aber nicht aus.

Von der Leyen lobte ihr Bildungspaket dagegen als “Riesenfortschritt für die Kinder”. Das Förderpaket umfasst Zuschüsse zum Mittagessen in Kita oder Schule, Geld für Schulausflüge und Schulmaterial und den Anspruch auf ein Sport-, Kultur- oder Musikangebot sowie Lernförderung. Statt nach dem Gießkannenprinzip einfach mehr Geld zu verteilen, werde jetzt jedes Kind direkt gefördert, sagte von der Leyen. Zudem gebe es am Ort großen Gestaltungsspielraum für die Umsetzung. Wie von der CSU gefordert, ist neben der Abrechnung der Bildungszuschüsse über Gutscheine auch eine Direktüberweisung an Bildungsträger und Vereine möglich.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Reform. “Hartz IV ist kein Lebenszustand, sondern es ist eine Brücke möglichst wieder in Arbeit”, sagte sie. Merkel zeigte aber auch Verständnis für die Sorgen der Betroffenen – etwa, dass Ausgaben für Alkohol und Tabak nicht mehr im Regelsatz seien. “Ich weiß, dass das zum Teil auch hart ist.”

Quelle: welt.de – 21.10.2010 – Stefan von Borstel
Link zum Pressebericht: www .welt.de/print/die_welt/politik/article10440610/Hartz-IV-wird-runderneuert.html

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