Wachsende Kritik an Bildungs-Gutscheinen

Die Kritik an den Bildungs-Gutscheinen für Kinder aus Hartz-IV-Familien wächst zunehmend. Die SPD, die bayrische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU), der DGB und die Arbeiterwohlfahrt kritisierten das von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) favorisierte Chipkarten-Modell für Hartz-IV-Empfänger in Deutschland.
In der Diskussion über Bildungs-Gutscheine für arme Kinder aus Hartz-IV-Familien wächst die Kritik. Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU), der DGB, die Arbeiterwohlfahrt und die SPD äußerten sich am Freitag skeptisch über ein Chipkarten-Modell, wie es Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bevorzugt.

Haderthauer sagte der „Passauer Neuen Presse“, es dürfe keine „Kinder erster und zweiter Klasse geben“. Der Staat müsse so gut wie möglich den individuellen Bedarf der Kinder erfüllen, die Elternverantwortung stärken und Ausgrenzung vermeiden. „Die Chipkarte gewährleistet keines dieser Ziele“, sagte sie.

Die Umsetzung sei „nicht durchdacht und bis zum 1. Januar 2011 nicht leistbar“, fügte Haderthauer hinzu. Es müssten etwa über eine Million Lesegeräte im ganzen Land angeschafft werden. „Wer bezahlt das?“, fragte sie. Zudem sei auch mit der Chipkarte keineswegs garantiert, dass die Kinder „an den Angeboten tatsächlich teilnehmen“.

SPD will mehr Kita-Plätze
Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler, sagte: „Es kann nicht sein, dass alle paar Wochen neue Ideen in die Öffentlichkeit gespielt, aber die eigentlichen Probleme nicht gelöst werden.“ Entscheidend sei, den materiellen und immateriellen Bedarf von Kindern umfassend zu decken – wie es das Verfassungsgericht in seinem Urteil formuliert habe.

Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in der SPD, Eva-Maria Stange, erklärte: „Die Chipkarte ist kein Ersatz für den gebührenfreien Zugang zu Bildungseinrichtungen. Viel wichtiger ist es, dass endlich ausreichend Kitaplätze und vor allem eine schrittweise Gebührenfreiheit für die frühkindliche Bildung geschaffen werden.“

Auch von den Gewerkschaften kam Kritik. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte der „PNP“: „Ich befürchte, dass mit dem Bildungschip ein System aufgebaut wird, das zur Stigmatisierung der Kinder von Hartz-IV-Beziehern führt und gleichzeitig die Bürokratie in Deutschland befördert. Ob Angebote, die über den Bildungschip einlösbar sind, auch flächendeckend auf dem flachen Land angeboten werden können, ist völlig unklar.“

Der DGB lehne Sachleistungen nicht per se ab. Sie dürften die betreffenden Gruppen allerdings nicht stigmatisieren. Eine diskriminierungsfreie Sachleistung seien nach DGB-Vorstellung „ein kostenfreies Mittagessen in der Schule für alle Kinder oder zusätzliche Angebote am Nachmittag für alle Kinder mit Lernschwächen“, sagte Buntenbach.

Leyen will sich am 20. August mit Vertretern der Kommunen sowie mit den zuständigen Länderministern treffen. Nach Informationen der „Rheinischen Post“ will sie Bildungs-Chipkarten für alle Kinder einführen, nicht bloß für Hartz-IV-Kinder. Deren Karten aber werde der Bund finanzieren. ihr Sprecher erklärte, es gebe noch keine Festlegungen.

Quelle: focus.de – 13.08.2010
Link zum Pressebericht: www .focus.de/politik/weitere-meldungen/hartz-iv-wachsende-kritik-an-bildungs-gutscheinen_aid_541084.html

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Wenn der Lohn zum Leben nicht reicht

Hartz-IV-Aufstocker schuften, ohne dass ihr Lohn zum Leben reicht. Weil immer mehr Bürger staatliches Geld brauchen, ist nun wieder eine Debatte über den flächendeckenden Mindestlohn entbrannt.

Für Linkspartei-Chef Klaus Ernst dürfte es eine willkommene Abwechslung sein. Endlich muss er, der seit Wochen wegen seines Verdienstes in der Kritik steht, nicht über sein Einkommen sprechen, sondern darf sich als Anwalt der Hartz-IV-Aufstocker profilieren. Denn neue Daten des Arbeitsministeriums zur Entwicklung der Ausgaben gehen auf eine Anfrage Ernsts zurück. Diese zeigen, dass der Staat seit Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 weit mehr als 50 Milliarden Euro ausgegeben hat, um Niedriglöhne aufzustocken – und dass der jährliche Betrag Schritt für Schritt gestiegen ist.

Anfangs reichten noch acht Milliarden jährlich, um die tapferen Arbeitnehmer, die Hungerlöhne bekommen, zu unterstützen. Im letzten Jahr waren dagegen 1,4 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen, 200.000 mehr als 2005. Insgesamt kostete das Ganze elf Milliarden Euro. Für den Abgeordneten und Gewerkschafter Ernst ist das Missbrauch. “Die Bundesregierung verschwendet das Geld der Steuerzahler”, schimpfte er in der “Frankfurter Rundschau”.

Die neuen Zahlen lenken die Aufmerksamkeit auf eine ebenso zentrale wie umstrittene Frage der Arbeitsmarktpolitik: Was tun mit den Menschen im Niedriglohnsektor? Was tun mit jenen, die schuften, ohne dass es zum Leben reicht? Muss der Staat sie mit Zuschüssen im Arbeitsmarkt halten, oder muss die Politik mit einem gesetzlichen Mindestlohn dafür sorgen, dass jeder, der arbeitet, von seiner Arbeit auch leben kann?

Wozu ist ein Niedriglohnsektor gut?
Als Niedriglöhner gelten in Deutschland jene, die in Westdeutschland weniger als 9,50 Euro und in Ostdeutschland weniger als 6,87 Euro in der Stunde verdienen. Nach Berechnungen des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen sind das mittlerweile rund 6,5 Millionen Menschen, im vergangenen Jahrzehnt ist diese Zahl um 2,3 Millionen gestiegen.

“Im internationalen Vergleich hat Deutschland einen besonders großen Niedriglohnsektor”, sagt Thorsten Kalina, Experte beim IAQ, stern.de. Eine Aufstockung erhalten jene, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt, also unter der Höhe des Arbeitslosengeldes II. Für Alleinstehende liegt der Hartz-IV-Satz bei 359,00 Euro im Monat plus Geld für Wohnung und Heizung. Eine Friseurin in Thüringen etwa verdient in der untersten Tarifgruppe 3,18 Euro pro Stunde, ein Fleischer in Niedersachsen 6,33 Euro. Vor allem, wenn Kinder im Spiel sind, beträgt der Lohn häufig weniger als bei einem Bezug des Hartz-IV-Regelsatzes.

Traditionell ist wirtschaftspolitisch heiß umstritten, welchen Nutzen ein großer Niedriglohnsektor mit sich bringt: Dient ein schlecht bezahlter Job als Steigbügel hin zu einer besser bezahlten Stelle, oder ist er eine Sackgasse, in der Minderqualifizierte auf Staatskosten geparkt werden? Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verfocht die Steigbügel-Theorie, ebenso wie die Arbeitgeberverbände und die schwarz-gelbe Regierung.

Kritiker sehen dagegen eine große Ausbeutung der Arbeitnehmer und dringen deswegen auf einen gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohn. Zu ihnen zählt auch IAQ-Experte Kalina. Die aktuellen Regelungen böten den Unternehmen Anreize, Löhne zu senken, argumentiert er. Deswegen plädiert sein Institut für einen umfassenden Mindestlohn. Allerdings müsste dieser mit 6,50 bis 7,50 Euro pro Stunde eher moderat eingeführt werden. “Ein hoher Einstieg könnte schädlich sein”, sagt Kalina.

Linkspartei fordert Stundenlohn von 10 Euro
Das sehen Oppositionsparteien und Sozialverbände ähnlich, auch wenn sich die Mindestlöhne in der Höhe unterscheiden: Die Sozialdemokraten unterstützen die Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach einem Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro, die Linkspartei fordert gar 10 Euro. Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forums Deutschland, geht noch einen Schritt weiter: Neben einen Mindestlohn von 10 Euro fordert sein Verband, den Eckregelsatz von Hartz IV auf 500 Euro aufzustocken. “Die jetzige Bundesregierung muss endlich die Gewinner der Krisen kräftig zur Kasse bitten”, sagt Behrsing.

Die Bundesregierung interpretiert allerdings schon die vorliegenden Zahlen ganz anders. “Die Behauptung, man könne die Summe von 50 Milliarden Euro durch die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne einsparen, ist hanebüchen und unhaltbar”, sagte am Donnerstag ein Sprecher des Arbeitsministeriums. Mehr als 50 Prozent aller Aufstocker würden einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen und weniger als 400 Euro im Monat verdienen. Einem flächendeckenden Mindestlohn erteilte das Arbeitsministerium eine klare Absage. “Die Bundesregierung setzt auf branchenspezifische Lösungen”, so der Sprecher.

Quelle: stern.de – 12. August 2010 – Von Sebastian Kemnitzer
Link zum Pressebericht: www .stern.de/politik/deutschland/debatte-um-hartz-iv-aufstocker-wenn-der-lohn-zum-leben-nicht-reicht-1592579.html

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Bundesregierung hat kein Konzept bei ALG II

Zur aktuellen Debatte rund um die kuenftige Ausgestaltung des ALG-II-Systems erklaeren die arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Anette Kramme und die zustaendige Berichterstatterin Gabriele Hiller-Ohm:

Es ist beschaemend, dass die Bundesregierung noch immer kein Gesamtkonzept fuer die Neugestaltung des ALG-II-Systems hat und stattdessen die Debatte mit unausgegorenen Bruchteilloesungen fuehrt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts liegt bereits ein halbes Jahr zurueck. Die geforderte Neuregelung muss ab 1.
Januar 2011 gelten. Die Regierung jedoch zaudert bis zur letzten Minute. Alle wesentlichen Fragen sind noch immer unbeantwortet.
Stattdessen gibt es Stellvertreterdebatten um die technische Umsetzbarkeit von irgendwelchen Chip-Loesungen.

Der Vorschlag von der Leyens, mit sogenannten Familienlotsen unterstuetzend einzugreifen, mag fuer sich sinnvoll sein. Nicht sinnvoll ist es jedoch, diese bei der Bundesagentur fuer Arbeit
(BA) anzusiedeln. Die BA darf und soll nicht zum Bundesjugendamt werden.

Dafuer gibt es zum einen keine Kompetenzen bei der BA, da dort Arbeitsvermittlung praktiziert wird, keine sozialpaedagogische Betreuung. Ausserdem bleibt unklar, ob die BA dafuer zusaetzliche Stellen bewilligt bekommt. Nach der zaehen Debatte mit der FDP um die Entfristung von 3.200 befristeten Stellen im Rahmen der JobCenter-Reform sind hier durchaus Zweifel angebracht.

Sinnvoller ist es, nicht bei der Arbeitsvermittlung, sondern bei den Jugendaemtern und der Schule anzusetzen. Schulische und erzieherische Probleme gibt es schliesslich nicht nur in Familien im SGB-II-Bezug, sondern auch in anderen.

Auch die bisherigen Finanzansaetze fuer die Reform sind laecherlich. Die bisher im Etat eingestellten 480 Millionen Euro sind voellig unzureichend, zumal im Gegenzug auch noch das Elterngeld fuer ALG-II-Empfaenger eingespart wird.

Die Regierung behauptet, sie wolle Kinder schulisch foerdern, spart aber gleichzeitig bei der Bildung fuer junge Erwachsene, indem sie Eingliederungstitel um 1,3 Milliarden Euro kuerzt. Das ist Politik nach dem Motto linke Tasche – rechte Tasche.

Diese Kuerzung bedeutet ganz konkret weniger Chancen fuer rund 200.000 Menschen. Statt der bisher 780.000 moeglichen Teilnehmer an Massnahmen des Arbeitsamts koennte die BA mit den verringerten Mitteln nur noch maximal 590.000 Plaetze fuer unterstuetzende Massnahmen gewaehren.

© 2010 SPD-Bundestagsfraktion
Pressestelle
Internet: http://www.spdfraktion.de
E-Mail: presse@spdfraktion.de
Tel.: 030/227-5 22 82
Fax: 030/227-5 68 69

Berlin – Veröffentlicht von pressrelations

Link zur Pressemitteilung: http://www.pressrelations.de/new/standard/dereferrer.cfm?r=421663

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